Verschiedene Institutionen und Organisation haben seit mittlerweile fünf Jahren eine Reihe an Maßnahmen und Empfehlungen, um dem Personalbedarf in der Pflege zu begegnen, erarbeitet. Wie kann dieser nachhaltig und effizient bekämpft werden?
Im Jahr 2019 wurde eine Personalbedarfsprognose bis 2030 der Gesundheit Österreich GmbH im Auftrag des Sozialministeriums präsentiert. Diese prognostiziert: „Waren für den Zeitraum von 2019 bis 2030 noch 76.000 Pflege- und Betreuungskräfte (Ersatz- und Zusatzbedarf) projiziert, so sind dies nun für den Zeitraum von 2023 bis 2030 51.000 Personen.“ Laut der Website von „Pflege Zukunft Wien“ werden in Wien bis 2030 9.000 weitere Pflegekräfte benötigt.
Davon ausgehend wurde von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker ein Prozess gestartet, um eine flächendeckende Versorgung in der Pflege durch qualifizierte Pflegekräfte sicherzustellen: vor fünf Jahren hat der Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen (DWS) mit seinen mit Kooperationspartner:innen, Stakeholder:innen und Mitgliederorganisationen fünf Handlungsfelder erarbeitet, die die Pflege in Wien in der Zukunft sichern sollen. Der mit dem Namen „Pflege.Zukunft.Wien“ betitelte Prozess liefert nun Maßnahmen und Empfehlungen.
Bis 2030 in Stadt Wien 16.000 Pflegekräfte zusätzlich in Ausbildung
„Wir haben die strategischen Weichen rechtzeitig gestellt und das zeigt Wirkung. Laut Prognosen werden wir bis 2030 nur durch die städtischen Investitionen mehr als 16.000 Pflegekräfte ausbilden. 5.000 davon haben ihre Ausbildung bereits abgeschlossen“, meint Hacker.
Bis dato wurden 17 Empfehlungen und Maßnahmen entwickelt, die eine Effizienzsteigerung in der Ausbildung zum Ziel haben, und die die Personalanwerbung und Personalbindung verbessern sollen. Diese können den fünf Handlungsfeldern Arbeitsmarkt & Personalmanagement, Aus-, Fort- und Weiterbildung, Innovation, Digitalisierung und Finanzierung zugeordnet werden.
„Im Rahmen von Pflege.Zukunft.Wien werden wichtige Themen mit allen Stakeholder:innen der Stadt bearbeitet und es kommt dadurch zu einer Wien-weiten Abstimmung. Die konstruktive Zusammenarbeit der Verantwortlichen für die Gesundheits- und Pflegeversorgung in Wien auf dieser Ebene stellt einen wertvollen Beitrag zur nachhaltigen Gesundheitsversorgung in Wien dar.“, so Evelyne Kölldorfer-Leitgeb (WiGeV).
Aus- und Weiterbildungsinitiativen fördern
Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, braucht es in erster Linie mehr Personal: Um dieses anzuwerben wird 2025 die interaktive Informations- und Bewerbungsmesse „Future Fit Festival” im Wiener Rathaus stattfinden, bei der sich verschiedene Arbeitgeber:innen präsentieren. Im Rahmen dessen wird auch die Wiener Care Messe mit einer Joboffensive starten, um neue Fachkräfte für die Pflege zu begeistern. Diese wird in Kooperation mit dem Wiener Arbeitnehmer:innenförderungsfonds (waff), dem Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen (DWS) und dem Fonds Soziales Wien (FSW) organisiert.
„Für den waff stehen zwei Schwerpunkte bei der Fachkräftesicherung im Gesundheits- und Pflegebereich im Mittelpunkt: Ersten wollen wir mehr Menschen für eine einschlägige Ausbildung begeistern. Mit ‚Nicht wieder Mary‘ haben wir auf unkonventionelle Art gezeigt, was da möglich ist. Zweitens bieten wir mit unserem Programm ‚Jobs plus Ausbildung‘ ein wirklich attraktives Unterstützungsangebot mit einer Einstellzusage bereits bei Ausbildungsbeginn und mit dem ‚Wiener Ausbildungsgeld‘ stellen wir sicher, dass man sich länger dauernden Ausbildungen auch leisten kann.“ hält Fritz Meißel vom waff fest.
Gleichstellung der mobilen Pflegedienste
„Aufgrund der demografischen Entwicklung wird es in Zukunft unvermeidlich sein, den Bereich der mobilen Pflege und Betreuung nachhaltig auszubauen und weiterzuentwickeln.“, so Marianne Hengstberger von den Wiener Sozialdiensten (WISO). Daher haben Vertreter:innen von den mobilen Organisationen Gesundheitsrat Peter Hacker das „Wien mobil Paket“ präsentiert. Sie fordern darin eine Gleichstellung mit anderen Pflegediensten.
„Im Rahmen des ‚Wien mobil Pakets‘ ist es uns wichtig, die Attraktivität und die Rahmenbedingungen sowie die Gleichstellung mit anderen Bereichen gemeinsam zu forcieren. Für unsere Mitarbeiter:innen schaffen wir ein Umfeld, in dem mit hoher Professionalität und Freude an der Tätigkeit gearbeitet werden kann und auch Familie & Beruf vereinbar sind. Die mobile Pflege und Betreuung ist eine zentrale und unverzichtbare Säule in der Stadt, um Menschen, die Unterstützung benötigen, angemessen zu versorgen.“, so Hengstberger. „Nur so können Menschen in Wien so lange wie möglich zu Hause betreut werden und die Qualität der mobilen Dienste weiterhin gewährleistet werden.“
FH Campus sorgt für qualifizierte Ausbildung
Klarerweise braucht es im Kampf gegen den Personalmangel auch eine qualifizierende Ausbildung. Daher haben sich der FH Campus Wien, der Fonds Soziales Wien und der Wiener Gesundheitsverbund zusammengetan, um diese gewährleisten zu können: Ein Ausbau der Ausbildungsplätze im vergangenen Jahr war ein Schritt in diese Richtung. Gleichzeitig sind auch die Bewerbungszahlen im Gesundheitswesen- und Krankenpflegebereich (GuK) am FH Campus Wien um elf Prozent gestiegen.
„Im Rahmen der Ausbildungsoffensive „Pflege.Zukunft.Wien“ setzen wir uns, gemeinsam mit dem Wiener Gesundheitsverbund und dem FH Campus Wien mit vereinten Kräften für gute Rahmen- und Ausbildungsbedingungen ein, um Menschen für Pflege- und Betreuungsberufe zu begeistern. Besonders der Abbau von Hürden, die Weiterentwicklung von Ausbildungen und der Ausbau von Ausbildungs- und Studienplätzen sind uns ein Anliegen: So haben im Sommer die ersten 90 Absolvent:innen der Ausbildungsoffensive, deren Studienplätze durch den FSW finanziert wurden, ihr Studium abgeschlossen. Jährlich finanziert der FSW 810 Studienplätze“, betont Susanne Winkler, Geschäftsführerin des Fonds Soziales Wien (FSW).
Erweiterung der Zielgruppe auf Arbeitslose und Menschen mit Migrationshintergrund
Eine weitere Maßnahme besteht in dem Einbinden von Arbeitslosen und Menschen mit Migrationshintergrund. Diese Personen nachhaltig für die Pflege zu begeistern wäre für Winfried Göschl vom AMS Wien ein in zweierlei Hinsicht sinnvolles Vorgehen: „Für das AMS Wien steht die Integration von arbeitslosen Personen, besonders von Personen mit Migrationshintergrund, im Vordergrund. Wenn es dabei gelingt, auch noch den Arbeits- und Fachkräftebedarf in spezifischen Branchen, wie im Pflege- und Gesundheitsbereich zu lindern, kann eine win-win-Situation geschaffen werden.“ Er führt weiter aus: „Wir möchten daher den Appell an alle potenziellen Dienstgeber:innen und Ausbildungsträger:innen richten, interessierten arbeitslosen Personen die Chance zu geben, im Bereich der Pflege Fuß zu fassen. Ein beschäftigungs- oder ausbildungsbegleitendes Deutschkursangebot ist jedenfalls dazu angetan, den Fachkräftebedarf im Bereich der Daseinsvorsorge zu lindern.“
Wie geht es weiter?
„In den letzten fünf Jahren ist in diesem Prozess bereits viel gelungen, was Mut für die weiteren Schritte macht.“, so Geschäftsführerin des Dachverbands Wiener Sozialeinrichtungen Sandra Frauenberger. Es brauche jedoch immer neue gesellschaftliche Lösungen im Bereich Pflege, weshalb der Dachverband mit seinen Mitgliederorganisationen auch weiterhin den Fokus auf den Personalmangel behalten wird, mit dem Ziel, diesem zuvorzukommen!
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 16.11.2024
Artikel-Kategorie(n): News, Soziale Arbeit und Begleitung
Permalink: [Kurzlink]