Von 16.1. bis 22.2. war die Ausstellung „Care Webs and Cuddles“ in der Kunsthalle Exnergasse in WUK zu sehen. Auch die Bilder des Künstlers Artur Belja waren Teil des Projekts, das sich mit unterstützenden Strukturen für marginalisierte Menschen auseinandersetzte. Wir haben mit dem Künstler persönlich gesprochen.
„Unterstützung ist, wenn es keine Unterschiede zwischen uns allen gibt“, bringt Artur Belja einen wichtigen Gedanken der Ausstellung auf den Punkt. Das Projekt der Kuratorin Ema Benčíková vereinte die Werke unterschiedlicher Künstler:innen aus der Queer- und Behinderten-Community und beleuchtete das Thema der gegenseitigen Fürsorge und Unterstützung aus verschiedenen Blickwinkeln. „Es war ein stimmiges Zusammenkommen von sehr vielen kreativen Menschen“, zeigt sich der Künstler von der Ausstellung begeistert.
Artur Beljas Bilder führten direkt beim Eingang in den Ausstellungsraum und tauchten vereinzelt auch in anderen Kunstinstallationen auf. In seinen Malereien verschmelzen unterschiedlichste Figuren zu einem bunten Miteinander. „Es ist immer diese Verbundenheit. Auch wenn manche meiner Figuren düster gestimmt sind, es ist immer eine Einheit, die zusammengefügt ist, keiner ist ein Fremder gegenüber den anderen“, beschreibt der Künstler seine Werke. Eine Verbundenheit, die es auch in unserer Gesellschaft braucht, wie Belja im Gespräch betont.
„In der Gesellschaft ist vieles noch nicht so weit verbreitet“
Dass ein echtes Miteinander in der Praxis noch keine Selbstverständlichkeit ist, wurde auch bei der Eröffnung der Ausstellung deutlich. Aufgrund gesetzlicher Vorgaben zur Aufzugnutzung ist bei Veranstaltungen nämlich nur eine bestimmte Anzahl an Rollstuhlfahrer:innen zugelassen. „Meine Bekannten hätten unten vor dem Eingang warten müssen“, so Belja. Gelöst wurde das Problem, indem die Ausstellung in mehreren Zeitfenstern eröffnet wurde. „Es betrifft mitunter diese Ausstellung, dass Menschen im Rollstuhl die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben verhindert wird. Das ist kein Einzelfall.“
Ein wesentliches Problem sieht Belja darin, dass „die Leute keinen Bezug haben, worauf man achten muss, wenn man beispielsweise mit einem Rollstuhl unterwegs ist“. Gesetze werden häufig ohne Beteiligung von Betroffenen gemacht. Als Rollstuhlfahrer stoße er im öffentlichen Raum immer wieder auf Barrieren, die für andere Menschen unsichtbar sind. Es brauche mehr Sensibilität füreinander, ein Miteinander – „dieses Thema ist mir als Künstler sehr wichtig.“

Ausstellung „Care Webs and Cuddles“ | Foto: Alice Bauer
„Wenn ich auf Ärzte oder meinen Körper gehört hätte, würde es keine neuen Bilder geben“
Die in der Ausstellung gezeigten Bilder stammen aus dem Jahr 2016. „Das waren die letzten Bilder, die noch händisch entstanden sind“, erzählt Artur Belja. Früher kreierte er seine sogenannten „Swing-Pics“, indem er einen Stift – mit geschlossenen Augen – schwungvoll über das Papier zog und die entstandenen Formationen später zu Gesichtern und Figuren verarbeitete. Jede Linie wird verwendet und ins Werk integriert. „Die Bilder sagen mir, was da drin versteckt ist. Ich kann das nicht lenken“, so der Künstler.
Vor einigen Jahren ließ die Kraft in seinen Armen jedoch nach, sodass das Zeichnen mittels Bleistift nicht mehr möglich war. „Wenn ich auf die Ärzte oder auf meinen Körper gehört hätte, würde es keine neuen Bilder geben“, erzählt er von dieser schwierigen Lebensphase. Gesetz dem Motto „geht nicht, gibt’s nicht“ entwickelte Artur Belja jedoch neue Ideen, entdeckte die Möglichkeit via Touchpad digital zu zeichnen – und erarbeitete in weiterer Folge ein neuartiges Konzept, das er unter dem Begriff „Streetlines“ bekannt machen möchte.
Dabei nutzt Belja seinen Rollstuhl als Zeichenwerkzeug, indem er mit nassen Reifen oder im Schnee Schwünge über den Asphalt zieht, diese abfotografiert und auf digitalem Weg mit Figuren kombiniert. „Das bedeutet, als erster Rollstuhlfahrer der Welt, Bilder malen zu können, die ohne meine Hände zu funktionieren.“ Erste Versuche wurden bereits umgesetzt. „Die Idee ist derzeit noch in Entwicklung“, lässt uns Belja wissen.
„Ich hatte das Glück, dass ich immer schon ein Rebell war“
Menschen mit Behinderungen müssen sich mehr zutrauen, ist Artur Belja überzeugt. „Es geht darum, dass wir mehr rausgehen, egal wie unsere Behinderung ist. Und dass die Gesellschaft auch beginnt, uns nicht als eingeschränkte Menschen wahrzunehmen, sondern als Menschen, die viel Pep haben.“ Er appelliert an seine Kolleg:innen in der Behinderten-Community „genauso verrückt zu werden wie ich. Und sich die eigenen Grenzen nicht von der Außenwelt aufbürden zu lassen.“
Auch als ihn sein Weg im Jahr 2017 nach Wien führte, nachdem er im Burgenland über sechs Jahre lang vergeblich um Persönliche Assistenz gekämpft hatte, war der Anfang schwer. Gesetzliche Vorgaben zum Assistenzanspruch sowie zur Arbeitserlaubnis schienen zunächst alle Pläne zu durchkreuzen. „Das war die größte Krise in meinem Leben. Weil wenn du alles vor Augen hast, sogar eine fixe Jobzusage hatte ich – und dann scheitert es an Gesetzen.“ Letztlich war es sein rebellischer Kampfgeist, der ihn hartnäckig bleiben und seine Wünsche umsetzen ließ. Bis heute wohnt Artur Belja in Wien und arbeitet neben seiner Tätigkeit als Künstler im Recruiting bei Assistenz24.
Artur Belja ist übrigens ein Künstlername. Belja kommt aus dem Bulgarischen und bedeutet „Unfug“, Artur lässt sich zu „Urart“ umformen – frei übersetzt bedeutet Artur Belja also: Die Urart des Unfugs. Dem ist nichts hinzuzufügen :)
Weitere Informationen:
Artur Belja auf Instagram:
https://www.instagram.com/arturbelja/
AutorIn: Alice Bauer
Zuletzt aktualisiert am: 06.03.2025
Artikel-Kategorie(n): News, Selbstbestimmtes Leben
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