Im gestrigen Justizausschuss im Parlament wurde ein wichtiger Schritt zur Behindertengleichstellung im Strafrecht vollzogen. Die Grüne Behindertensprecherin Helene Jarmer hatte einen Antrag betreffend sexuellen Missbrauch einer wehrlosen oder psychisch beeinträchtigten Person gestellt und dieser wurde einstimmig beschlossen.
Gleichstellung statt Ungleichbehandlung
„Es freut mich, dass sich der Justizausschuss diesem sensiblen Thema so konstruktiv gewidmet hat und ich freue mich auf eine weitere gute Zusammenarbeit“ kommentiert Jarmer den Grünen Erfolg und ergänzt: „Das ist ein Schritt in die richtige Richtung, nämlich hin zur Gleichstellung und weg von der Ungleichbehandlung“, freut sich Jarmer.
Auch ÖVP-Abg. Dr. Franz Josef Huainigg, Sprecher für Menschen mit Behinderung begrüßt „diese wichtige Diskussion im Justizausschuss“. „Die Gewalt an behinderten Menschen und vor allem der sexuelle Missbrauch sind kein Kavaliersdelikt und müssen noch konsequenter strafrechtlich verfolgt und bestraft werden als bisher.“
Heimstrukturen: Historikerkommission belegt gräuelhafte Systematik
Huainigg brachte dazu im Justizausschuss das Beispiel des gestern veröffentlichten Berichtes der Wiener Historikerkommission zu den Vorkommnissen in Wiener Kinderheimen in den 50er bis 70er Jahren: „Heimstrukturen sind ein Potenzial für Gewalt an behinderten Menschen. Die Wiener Historikerkommission belegt erstmals die unvorstellbare und gräuelhafte Systematik. Behinderte Kinder durften beispielsweise stundenlang nicht trinken und haben vor Durst Wasser aus dem WC zu sich genommen, das Essen musste aufgegessen werden und bei Erbrechen musste wiederum das Erbrochene geschluckt werden. Auch sexuelle Übergriffe wurden nicht nur von den Betreuern, sondern auch vom Gesamtpersonal durchgeführt.“
Erarbeitung von Regierungsvorlage zum Schutz behinderter Menschen
Angesichts dieser neuen Belege und in Hinblick auf strukturelle Gewalt in Behinderteneinrichtungen aber auch im Privatbereich begrüßt Huainigg, dass die Justizministerin im Ausschuss zugesagt hat, eine Regierungsvorlage zum Schutz behinderter Menschen bis Herbst auszuarbeiten. Huainigg plädiert dafür, dass vor allem die Stellungnahme des Monitoringausschusses zur Umsetzung der Rechte behinderter Menschen zu sexuellem Missbrauch und Gewalt an behinderten Menschen eine wichtige Grundlage für eine Gesetzesnovelle sein sollte.
„Ebenfalls ist die Beweisführung mitzudenken. Wenn Aussage gegen Aussage steht, wird behinderten Menschen oft weniger Glaubwürdigkeit geschenkt als den nicht behinderten Menschen“, meint Huainigg abschließend.
Quelle: APA
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Gleichstellung und Antidiskriminierung, News
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