Zwei Drittel für Präimplantationsdiagnostik, ein Drittel dagegen – Parlamentarische Enquete gefordert
In ihrem Bericht vom 2. Juli 2012 „Reform des Fortpflanzungsmedizinrechts“ nimmt die Bioethikkommission des Bundeskanzleramts zu Fragen des Fortpflanzungsrechts Stellung. In der Frage der Präimplantationsdiagnostik (PID) gibt es eine mehrheitliche (15 Mitglieder) Empfehlung zu Aufhebung des Verbots. Da keine einheitliche Meinung zustande kommen konnte, steht in diesem Bericht auch eine „abweichende Auffassung“ (6 Mitglieder). In der abweichenden Auffassung der Minderheit wird ein Beibehalten der gesetzlichen Verbots der PID empfohlen.
Mehrheit hält Zulassung der PID für „überfällig“
Der entsprechende Absatz im Bericht lautet:
Aus Sicht der Bioethikkommission scheint im Rahmen einer Novellierung des Fortpflanzungsmedizingesetzes die Zulassung der PID am Embryo überfällig, um Paaren mit einer genetischen Disposition für eine schwere Erkrankung, die in absehbarer Zeit nicht therapeutisch zu behandeln ist, die Möglichkeit zu eröffnen, ein Kind zur Welt zu bringen, das von der speziellen genetischen Disposition nicht betroffen ist. Die Zulassung zu einer PID ist in einem solchen Fall als eine Einzelfallentscheidung zu betrachten.
Schon 2004 ist eine derartige Empfehlung ausgesprochen, jedoch gesetzlich nicht umgesetzt worden.
Ulrike Weiser schreibt in Ihrem Presse-Artikel vom 23.09.2012 dazu:
Tatsächlich ist ein PID-Verbot absurd, denn die Rechtslage ist unlogisch. Betroffene haben die Option, auf ein Kind zu verzichten oder bewusst (immer wieder) eine Risikoschwangerschaft einzugehen, ein behindertes Kinder dürften sie dabei im Extremfall bis knapp vor der Geburt abtreiben.
Dass das ungeborene Leben bevor es im Mutterleib ist quasi mehr Rechte hat als nachher ist derzeit gültige Rechtslage in Österreich.
Abweichende Auffassung für Beibehaltung des Verbots
6 Mitglieder der Bioethikkommission sind der Meinung, dass eine Zulassung der PID aus ethischer Sicht nicht zu empfehlen ist. Gleichzeitig wird die Zulässigkeit der Spätabtreibung in Frage gestellt. Die Empfehlung:
1. Beibehalten des Verbots der Präimplantationsdiagnostik mit ausdrücklicher Ausnahme der Polkörperanalyse, insofern sie zur Selektion unbefruchteter Eizellen führt.
2. Überdenken der Zulässigkeit des Spätabbruchs aufgrund embryopathischer Indikation bis unmittelbar vor der Geburt.
Politische Diskussion gefordert
Da die Empfehlung der Kommission nicht einheitlich ausgefallen ist, wird von einigen Abgeordneten (u.a. Franz-Joseph Huainigg) eine Diskussion im Rahmen einer parlamentarischen Enquete gefordert.
Anmerkung am Rande: Klaus Voget (Präsident der ÖAR und des ÖZIV) ist seit 2007 Mitglied der Bioethikkommission. Sein Name ist unter keiner der beiden Meinungen gelistet.
Dazu der lesenswerte Artikel von Tamara Grundstein vom 01.04.2011:
behindertenarbeit.at – PID – und alle machen wieder mit…
Quelle: Bundeskanzleramt, APA
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Eugenik und Menschenwürde, News
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