Der Lebenslauf von Emamoddin Mohammadi ist bewegt: geboren in Afghanistan, aufgewachsen im Iran, überzeugte der Gehörlose sein Umfeld durch handwerkliches Können und fand seinen Wunschberuf.
Seit knapp zehn Jahren lebt Herr Mohammadi in Österreich, arbeitete in der Industrieproduktion, als Maler und Anstreicher, bis ihn eine Farballergie arbeitslos machte. Nach einer längeren Phase der Arbeitslosigkeit und einigen glücklosen Trainingsmaßnahmen kommt er in das Qualifizierungsprojekt „Rund ums Haus“ der Bandgesellschaft. Seine Art, freundlich aber bestimmt, vorgeschlagene Tätigkeitsbereiche wie Gartenpflege oder Reinigung abzulehnen, irritierte zunächst.
Beharrlichkeit zahlt sich aus
Immer wieder teilte er der Arbeitsanleitung mit, er wolle nähen und Schuhe herstellen. Die Kommunikation war nicht immer einfach, auch wenn alle Schlüsselarbeitskräfte des Projektteams kurz zuvor einen Grundkurs in Gebärdensprache absolviert hatten. Tom Schmid, Geschäftsführer der Bandgesellschaft: „So sind wir auch für die Stärken unserer hörbeeinträchtigten TeilnehmerInnen offen und sensibel.“ Die Teamarbeit der „Rund ums Haus“-MitarbeiterInnen führte letztendlich gemeinsam mit Hr. Mohammadi zum Ziel. Dank guter persönlicher Kontakte konnte Projektleiter Peter Raffetseder für Herrn Mohammadi ein Arbeitstraining bei einem Orthopädieschuhmacher organisieren, allerdings in St. Pölten. Da er mittlerweile nach Gerasdorf bei Wien übersiedelt war, muß er täglich um 5 Uhr aufstehen. „Mir gefällt alles an meiner Arbeit, da stört mich das nicht. Einmal habe ich verschlafen“, erzählt er mit verschmitztem Lächeln, „da bin ich erst in Linz wach geworden.“
Aufgeschlossener Arbeitgeber
Schon in der ersten Woche erkannte Stafan Sodek: „Da ist mehr möglich als ein Praktikum; Herr Mohammadi hat den richtigen Blick für die Arbeit, geschickte Hände und Routine im Umgang mit Werkzeug und Maschinen.“ In der 70-jährigen Geschichte des Betriebes ist er der erste Mitarbeiter mit einer Behinderung. „Zunächst haben wir uns gedacht: Wie soll das gehen? Aber um die Arbeit zu begreifen braucht es nicht viele Worte, nur bei bürokratischen Dingen benötigen wir ab und zu die WITAF-Gebärdensprachdolmetscherin. Herr Mohammadi ist ein guter Beobachter, er sieht, wo Arbeit anfällt, er kehrt auch einmal zusammen, wie es eben alle tun, auch von den KollegInnen wird er gut aufgenommen.“ Seit August ketzten Jahres ist Herr Mohammadi nun fest angestellt. Die Auftragslage ist gut, denn „je älter die Menschen werden, desto stärker der Bedarf an Orthopädieprodukten“, so der Firmenchef in dritter Generation.
Perfekte Zusammenarbeit
„Nicht die körperlichen Einschränkungen behindern, sondern die soziale Umgebung“, ist ein häufig gehörter Satz. In diesem Fall ist es genau umgekehrt. „Ein durchgängiges Vorzeigebeispiel – alles hat geklappt: die Zusammenarbeit mit den jeweiligen Landestellen in Wien und Niederösterreich von AMS wie Bundessozialamt, es gab die unternehmerische Offenheit und Ausdauer des Arbeitssuchenden“, freut sich Peter Raffetseder über den Erfolg.
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Dieser Artikel ist zuerst erschienen in der Zeitschrift Arbeitsmarkt Aktiv 1/13. Link: www.dse-wien.at
Quelle: Arbeitsmarkt Aktiv 1/13
AutorIn: DSE-Wien, Bandgesellschaft
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Arbeitsintegration und unterstützte Beschäftigung, News
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