Verwunderung und Erstaunen löste die heutige Presseaussendung von Bundesminister Rudolf Hundstorfer zu den Empfehlungen der UN-BRK-Staatenprüfung aus. In der sehr positiv gehaltenen Aussendung ist unter anderem davon die Rede, „ … dass Österreich in Genf als starker Verfechter der Rechte von Menschen mit Behinderungen aufgetreten ist.“
Wie sich dieser Eindruck allerdings mit den klaren und unmissverständlichen Aussagen in den UN-Empfehlungen vereinbaren lässt, ist nicht nur der ÖAR und ihren 75 Mitgliedern unklar:
- Vielleicht liegt es an der fehlenden Bewußtseinsarbeit im Land, denn das Komitee empfiehlt Österreich unter anderem: „Initiativen hinsichtlich Bewußtseinsbildung zu ergreifen, um die bestehende Wahrnehmung von Menschen mit Behinderungen auf Grundlage des Wohltätigkeitsmodells und des „altmodischen“ Verständnisses, dass alle Menschen mit Behinderungen beschützt werden müssen, effektiv zu verändern.“
- Oder liegt es daran, dass noch immer viele Menschen – ermöglicht durch die österreichische Gesetzgebung – gegen ihren Willen in einer Institution leben müssen. Die Empfehlung der Kommission lautet diesbezüglich: „Das Komitee fordert den Vertragsstaat auf, (…) sicherzustellen, dass niemand gegen seinen Willen in irgendeiner Art von psychologischer oder psychiatrischer Einrichtung festgehalten wird. Es fordert den Vertragsstaat auf, Strategien zur De-Institutionalisierung auf Grundlage des Menschenrechtsmodells von Behinderungen zu entwickeln.“
- Offensichtlich ist auch noch nicht durchgedrungen, dass inklusive Bildung in Österreich weiterhin keinen Stellenwert hat und die Zahl jener Kinder, die in Sonderschulen lernen, ansteigt, obwohl Integration von Kindern mit Behinderungen schon seit Jahren ein Thema ist. Nur nebenbei: Die Aufrechterhaltung des dualen Schulsystems – nämlich des Regelschul- und des parallelen Sonderschulsystems ist ein sehr teures.
- Ebenso leistet sich Österreich mit seinem föderalistischen Regierungssystem eines, das nicht nur teuer ist, sondern auch für Ungerechtigkeiten in der Gesetzgebung und im weiteren im Beihilfensystem sorgt.
Die Liste der UN-Empfehlungen ist lang, inhaltlich umfangreich und keineswegs in Summe ein Ruhmesblatt für Österreich! Sie kann in einer einstweiligen deutschen Schnellübersetzung auf der Internetseite von BIZEPS nachgelesen werden: www.bizeps.or.at/news.php?nr=14358.
Dr. Klaus Voget, ÖAR/ÖZIV-Präsident: „Wir halten für uns als Erkenntnis fest, dass wir gegenwärtig Wahlkampf haben und dass offensichtlich nicht genügend Zeit und Ressourcen für das eingehende Studium der Empfehlungen verwendet wurde. Aus dieser Sicht erneuern wir unsere dringende Forderung, dass nach dem 29. September umgehend Gespräche hinsichtlich der Umsetzung der Empfehlungen geführt werden müssen!“
Quelle: Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR)
AutorIn: Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR)
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): News, UN Behindertenrechtskonvention
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