In Oberösterreich wird behinderten Menschen die Selbstbestimmung weggenommen. Eine politische Tat, die umgehend rückgängig zu machen ist!
Es ist eine unerhörte Sache, was behindertenpolitisch derzeit in Oberösterreich passiert. Das geht natürlich in den Nachrichten unter. Es geht unter, dass es behinderten Menschen in OÖ an den Kragen geht!
Kompliziert ist die Verwaltung und Politik in Österreich mit seinem föderalistischen, sozialpartnerschaftlichen, parteibuchwirtschaftlichen System. Behinderte Menschen, vor allem jene, die aus der institutionellen Versorgung ausbrechen wollen und ein selbstbestimmtes Leben in der Gesellschaft anstreben, spüren das hart.
Persönliche Assistenz, eine individuelle Hilfeleistung, bei der von der behinderten Person selbst festgelegt wird, wo, wann, wie und von wem die notwendige Unterstützung in täglichen Belangen geleistet wird, unterliegt verwaltungstechnisch verschiedenen Stellen: Wird PA im Bereich Arbeit und Bildung erbracht, so ist der Bund mit der Verwaltungsstelle Bundessozialamt zuständig; wird PA im Freizeitbereich erbracht, liegen die Kompetenzen bei den Sozialabteilungen der Länder.
Der Bund und das Sozialministerium können sich dank dieses Kompetenzwirrwarrs immer schön rausreden, wenn es um die Verwantwortung in Sachen PA geht. Mit dem Teil „Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz“ obliegt dem Bund nämlich der weitaus geringere Teil des Gesamtpakets PA.
Und die Länder schalten und walten irgendwie herum. Die gesetzlich verankerte Persönliche Assistenz in Oberösterreich galt eine Zeit lang als Fortschritt. Der Teufel liegt jedoch im Detail. Einen effektiven Rechtsanspruch gibt es nämlich trotz gesetzlicher Verankerung nicht. Da die Gesamtkosten gedeckelt sind, stehen viele behinderte Menschen auf einer Warteliste und können auf ihre Selbstbestimmung nur hoffen. Desweiteren sind saftige Selbstkostenbeitäge zu entrichten. Vor allem Menschen mit hohem Assistenzbedarf sind daher gezwungen, auf ein selbstbestimmtes Leben zu verzichten und sich von Institutionen, Familie oder Bekannten abhängig zu machen.
Österreich hat Verpflichtungen zu erfüllen, die in Menschenrechtsverträgen festgeschrieben sind. Eine der Verpflichtungen ist ganz konkret, dass behinderte Menschen nicht gezwungen werden dürfen, in speziellen, aussondernden Wohnformen zu leben. Behinderte Menschen als Expertinnen und Experten ihres eigenen Lebens haben Visionen, Ideen, Konzepte und konkrete Lösungen. Wir haben Beispiele aus anderen Ländern und von behinderten Menschen in Österreich, wie das funktionieren kann.
Was in Oberösterreich nun vollbracht wird, ist beschämend. Ich selbst stamme aus Oberösterreich, bin vor 12 Jahren nach Wien übersiedelt, und schäme mich für eine solche „Sozialpolitik“! Behinderten Menschen durch eine Erhöhung des Selbstbehalts für Persönliche Assistenz den Boden unter den Füßen der Selbstbestimmung wegzuziehen, ist eine unerhörte politische Tat! Diese ist umgehend rückgängig zu machen!
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 04.06.2015
Artikel-Kategorie(n): Kommentare, News, Persönliche Assistenz
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