In den vergangenen Tagen wurden uns – noch vor der „Sommerpause“ – ein paar Gesetzesänderungen mitgeteilt, die Menschen mit Behinderung betreffen werden, wie etwa die Definition des Begriffs „Assistenzhund“ oder die Erweiterung des Bundesbehindertenbeirats. Warum dem Autor angesichts dieser Maßnahmen nur wenig zum Jubeln zumute ist, erklärt er in diesem Kommentar.
Einige politische BehindertensprecherInnen und auch einige VertreterInnen von Behindertenorganisationen drücken ihre Freude über die kommenden gesetzlichen „Verbesserungen“ für behinderte Menschen aus. Ich selbst kann mich der Freude nicht anschließen, denn diese Maßnahmen sind meiner Ansicht nach nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, wenn wir uns ansehen, was behindertenpolitisch alles zu tun wäre, um der Erfüllung der Behindertenrechtskonvention entscheidend näher zu kommen.
Ich weiß jetzt, was ein Assistenzhund ist, aber…
Ich möchte das Thema „Assistenzhunde“ bzw. „Therapiehunde“ herausnehmen. Der Gesetzgeber definiert nun, was das genau ist, und es ist vorgesehen, dass Therapiehunde und ihre HalterInnen gemeinsam eine Ausbildung absolvieren und sich einer abschließenden Beurteilung durch Sachverständige unterziehen müssen. Der Gesetzgeber will also wieder einmal die Qualität für uns behinderte Menschen verbessern, durch Auflagen und Gutachten wird „Qualitätssicherung“ betrieben.
Wo sich die Damen und Herren der Gesetzgebung freilich nicht einigen konnten, ist die Frage der Finanzierung, die Frage, ob ein Assistenzhund ein Hilfsmittel ist und somit über die Krankenkasse finanziert werden kann. Womit sich eben daran nichts ändert: Ein Assistenzhund ist und bleibt kein finanzierbares Hilfsmittel.
So sehen wir eine gesetzliche Regelung, bei der das Wichtigste für die Betroffenen fehlt: Wo krieg ich das Geld her, wenn ich die Unterstützung – in diesem Fall den Assistenzhund – brauche?
VertreterIn von Menschen mit Lernschwierigkeiten, aber…
Ähnlich sehe ich das beim zusätzlichen Vertreter im Bundesbehindertenbeirat, der nun von Gesetzes wegen von der Gruppe der Menschen mit Lernschwierigkeiten entsendet werden soll. Ein schöner Gedanke, aber auch hier fehlt das Wesentliche: nämlich Geld für den Auf- und Ausbau von unabhängigen Peer-Beratungs- und Selbstbestimmt-Leben-Zentren von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Was nützt ein/e VertreterIn der Menschen mit Lernschwierigkeiten im Bundesbehindertenbeirat, wenn diese/r keinen starken Background und keine MitarbeiterInnen hat?
Ich sehe einen Gesetzgeber, der mangels Geld halt irgendwas herumwurstelt, damit wenigstens irgendwas behindertenpolitisch getan worden ist. Leider kommen dann Sachen raus, die den Betroffenen wenig bis gar nichts nützen. Und die Gesetzgeber haben wieder ein Jahr überstanden.
Thomas Stix
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 25.05.2015
Artikel-Kategorie(n): Kommentare, News
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