Runder Tisch zu Inklusion im Gemeinwesen am IASSIDD-Kongress mit Uni Wien und Lebenshilfe
„Es reicht nicht, Wohneinrichtungen für Menschen mit intellektueller Beeinträchtigung in der Gemeinde zu bauen, sondern es muss sich auch das soziale Umfeld ändern“, erklärte der Salzburger Soziallandesrat Heinrich Schellhorn gestern anlässlich eines Runden Tisches zum Thema „In der Gemeinschaft integriert leben“ im Rahmen der IASSIDD-Konferenz „Wege zur Inklusion“. „Ein richtungsweisender und bahnbrechender Ansatz wäre das Persönliche Budget. Das Geld ginge dabei nicht wie bisher an die Einrichtungen, sondern die Menschen mit Beeinträchtigung erhalten selbst das Geld. Damit können sie sich die Dienstleistungen einkaufen, die sie wollen. Dadurch kann ein Wettbewerb unter den Einrichtungen entstehen und die Dienstleistungen werden sich mehr an die Wünsche der Kundinnen und Kunden ausrichten. Damit das gut funktioniert, muss es eine österreichweit einheitliche Regelung geben“, fordert Schellhorn.
Albert Brandstätter, Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich, stimmte zu: „Ja zum Persönlichen Budget, aber es muss dann so hoch sein, dass man sich die Unterstützungsleistungen, die man braucht, auch wirklich leisten kann. Das Persönliche Budget sollte unabhängig vom Einkommen als Rechtsanspruch zustehen, so wie es Schweden vorzeigt.“ Brandstätter fordert eine Abkehr von dem derzeit undurchschaubaren System an Leistungen des Bundes und der Länder. „Stattdessen sollten wir ein Zwei-Säulen-Modell entwickeln: Eine Säule könnte der Sicherung der Existenz, etwa durch Einkommen oder Mindestsicherung dienen, die zweite Säule zur Abdeckung des Mehr-Bedarfes aufgrund einer Beeinträchtigung, etwa durch Pflegegeld, Persönliches Budget, Persönliche Assistenz.“
Klaus Brunner, Selbstvertreter der Lebenshilfe Vorarlberg betonte: „Wahlfreiheit ist wichtig. Jeder muss sich aussuchen können, wie er wohnt. Gute Unterstützung ist dabei wichtig. Sie muss besser bezahlt werden, damit diese Arbeit attraktiv ist. Barrierefreiheit ist wichtig. Ich lebe in Dornbirn, dort gibt es nur zwei Lokale, die ich mit meinem Rollstuhl besuchen kann. Es müssen auch die Barrieren in unseren Köpfen abgebaut werden. Ich habe eine Vision, einen Traum: Menschen mit und ohne Beeinträchtigung wohnen gemeinsam und können sich gegenseitig unterstützen. Dann wird Inklusion gelebt.“
Ingrid Heindorf vom World Future Council in Genf und Mitarbeiterin am Zero-Project erklärte: „Es geht darum Kontrolle über das eigene Leben zu haben. Internationale Studien zeigen: Inklusion ist auf lange Sicht kostengünstiger als die Fortführung des bisherigen Systems, nicht weil die Leistungen billiger werden, sondern weil die Menschen mit Beeinträchtigung sich wohler fühlen, dadurch gesünder sind und auch Verhaltensauffälligkeiten zurückgehen. Im Rahmen des Zero Projects suchen wir weltweit nach guten Praxis Beispielen für Inklusion. Diese können übrigens noch bis zum 20. Juli 2014 eingereicht werden.“
Thomas Driessen, Geschäftsführer von alpha nova, forderte von Bund und Ländern größere Anstrengungen, damit Menschen selbstbestimmt leben können. „Die Einrichtungen der Behindertenhilfe müssen umdenken. Wir müssen weg von der Pädagogik hin zur Sozialarbeit. Es wird auch Zeit, dass die Behinderten-Einrichtungen einen Teil ihrer Verantwortung wieder an die Gesellschaft abgeben. Dafür braucht es Pläne und den politischen Willen zur Umsetzung.“
Auf den Hinweis, dass die Umsetzung von Inklusion Zeit braucht, antwortete Selbstvertreter Klaus Brunner entschieden: „Was noch MEHR Zeit?! Wir Menschen mit Beeinträchtigung haben lange genug gewartet. Die Politik muss endlich handeln!“
Quelle: Lebenshilfe Österreich
AutorIn: Lebenshilfe Österreich
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Gleichstellung und Antidiskriminierung, News
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