Mehr als 10.000 Menschen, die sich am 25. März an der Protestaktion der Plattform 25 beteiligten sagen klar: Viele haben Angst, dass das Sparprogramm der steirischen Landesregierung zu harten Einschnitten in ihrem Leben führt.
Gerade bei Menschen mit Behinderung sind Einsparungen in den angekündigten Dimensionen nicht vertretbar. Werden die Sparmaßnahmen so umgesetzt, wie sie von LH.-Stv. Schrittwieser geplant wurden, hat das schwerwiegende Auswirkungen auf die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung.
Dabei gibt es zehn gute Gründe, die Kürzungen bei Menschen mit Behinderung zurückzunehmen:
1. Es geht in der Politik um eine Wertediskussion. Rettungsschirme werden heute für Finanzsysteme geschnürt anstatt für Menschen mit Behinderung. Da die Finanzwirtschaft für Menschen keine Verantwortung übernimmt, muss es die Politik tun.
2. Menschen mit Behinderung haben Rechte. Die UN Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung wurde 2008 von Österreich ratifiziert und ist damit geltendes Recht.
3. Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen haben sich auf Ankündigungen vor der Wahl verlassen und Parteien deshalb gewählt. Keine einzige der wahlwerbenden Parteien hat vor der Wahl angegeben, dass budgetäre Fragen vorgehen.
4. Die Landesregierung gefährdet Menschen mit Behinderung und ihre Angehörigen und übt strukturelle Gewalt aus, denn viele sind arm und viele brauchen Unterstützung. Eine „Grundversorgung“ alleine reicht nicht.
5. LH.-Stv. Schrittwieser hat seine Entscheidungen ohne die wesentlichen Entscheidungsgrundlagen getroffen. Es braucht dazu Wissen über die Lebenssituation von Menschen mit Behinderung und ihrer Möglichkeiten der Unterstützung durch zeitgemäße Hilfsmittel und Dienstleistungen. Von Seiten der politisch Verantwortlichen wurde das Angebot, die Auswirkungen geplanter Maßnahmen zur Verbesserung ihrer Entscheidungsgrundlagen zu besprechen, abgelehnt. Darüber hinaus gibt es im zuständigen Regierungsbüro derzeit keine Fachkompetenz im Bereich Behinderung.
6. Die geplanten Kürzungen machen das Ganze in vielen Bereichen teurer statt billiger bei geringerer Lebensqualität für die betroffenen Personen. Es gibt viele Beispiele: eine Studie der OECD zeigt deutlich, dass die langfristig billigste Unterstützungsform für Menschen mit Behinderung die ist, alles zu unternehmen, damit sie eine gute Ausbildung erhalten und arbeiten können.
7. PolitikerInnen tragen Verantwortung. Die Landesregierung trägt die Verantwortung für Menschen mit Behinderung, denen sie mit dem Behindertengesetz 2004 eine Zukunft versprochen hat. Sie trägt die Verantwortung für die gemeinnützigen Organisationen, die im Vertrauen auf die geltenden Verträge selbst Verträge mit MitarbeiterInnen, Banken, KundInnen eingegangen sind.
8. Die Landesregierung setzt die Zukunft der Pflege und Betreuung aufs Spiel statt sie zu retten. Pflege und Betreuung ist ein Bereich mit enormer Entwicklung. Indem nun Tausend Fachkräfte gekündigt werden – wir hören von der Landesregierung als Lösungsansatz, dass sie in einer Arbeitsstiftung umgeschult werden sollen – wird ein Signal an die jungen Menschen gegeben: „Macht keine Ausbildung mehr in diesem Bereich, Ihr findet keine Arbeit.“
9. Die Steiermark kann auf eine engagierte Zivilgesellschaft bauen, die Verantwortung übernimmt. Die Landesregierung hat eine weise Entscheidung getroffen, im Rahmen der Behindertenhilfe die Dienstleistungen über Organisationen der Zivilgesellschaft zu erbringen. Das hat enorme Vorteile: Es ist wesentlich billiger als die Erbringung durch das Land selbst, wesentlich flexibler und innovativer, wesentlich stärker an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert und die Organisationen sind alle gemeinnützig, d.h., etwaige Gewinne werden wieder investiert.
10. Sozialpolitik ist auch Wirtschaftspolitik. Gerade ein leistungsstarker Sozialer Sektor beeinflusst die wirtschaftliche Entwicklung besonders positiv. Ausgaben für Soziale Dienstleistungen sind keine Kosten, sondern Investitionen in die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Unter anderem ist die Behindertenhilfe ein wesentlicher Arbeitgeber für Frauen, die Wertschöpfung in der Sozialwirtschaft ist um rund 15% höher als z.B. in der Bauwirtschaft.
Jede in Sozialwirtschaft investierte Million Euro schafft 17 neue Arbeitsplätze (Bauwesen gerade einmal 11 und der Tourismus 13) und die Sozialwirtschaft die hebt Haushaltseinkommen mit rund 40% wesentlich stärker an, als die Bauwirtschaft mit rund 30% und als der Tourismus.
Wenn in diesen Bereichen um die 1000 Beschäftigte gekündigt werden müssen – und das bedeuten die Ankündigungen letztlich – verursacht das gravierende wirtschaftliche Probleme u.a. in ländlichen Regionen.
Es ist keine Schande, Entscheidungen, die aufgrund von anderen Einschätzungen getroffen wurden, wieder zurückzunehmen. Darum fordert der Dachverband Die Steirische Behindertenhilfe im Einklang mit den 10.000 Menschen am Hauptplatz in Graz die Landesregierung auf, das Sparpaket noch einmal aufzuschnüren und nicht auf Kosten von Menschen, die Unterstützung am nötigsten haben, Finanzlöcher zu stopfen.
Link:
www.behindertenhilfe.or.at
Quelle: www.behindertenhilfe.or.at
AutorIn: Die Steirische Behindertenhilfe
Zuletzt aktualisiert am: 04.06.2015
Artikel-Kategorie(n): Behindertenpolitik, News
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