SROI-Studien erfreuen sich in letzter Zeit sowohl bei sozialen Institutionen als auch bei Politikern zunehmender Beliebtheit, geht es doch darum, Sozialausgaben zu rechtfertigen. Aber ist das der richtige Weg, um solche Entscheidungen zu treffen? Ein Kommentar von Thomas Stix.
Vorige Woche präsentierte Lebenswelt Heim, der Bundesverband der Alten- und Pflegeheime Österreichs eine Studie, wonach jeder in Pflege- und Altenheime investierte Euro der Gesellschaft knapp dreifach zurück komme. Diese sogenannte SROI-Studie (Social Return on Investment) wurde vom NPO&SE Kompetenzzentrum der WU Wien erstellt.
Vor gut einem Jahr hat Wiens Sozialstadträtin Wehsely eine SROI-Studie über den Mehrwert Mobiler Dienste in Wien vorgelegt, diese wurde ebenfalls vom NPO&SE Kompetenzzentrum der WU Wien verfasst. Der errechnete gesellschaftliche Mehrwert ergab hier sogar das 3,7-fache.
Heißt das jetzt, mobile Dienste sind besser als Pflegeheime und deswegen – weil da mehr investiertes Geld in die Gesellschaft zurückfließt – bitte mehr mobile Dienste her!? Und was ist, wenn in einer anderen Studie in ein paar Monaten das Gegenteil rauskommt? Machen wir’s dann umgekehrt? – Bitte nicht!
Die Entscheidung, ob jemand eine soziale Maßnahme – welche auch immer – erhält, kann doch nicht davon abhängen, ob und in welchem Ausmaß davon das gesellschaftliche Umfeld profitiert oder nicht! Im Fokus der Entscheidung muss der Wille der betroffenen Person sowie die ihr innewohnende Menschenwürde und die Menschenrechte sein.
Dass soziale Arbeit einen gesellschaftlichen Mehrwert bringt, dass wird ja wohl unbestritten sein, ich finde es aber problematisch, aufgrund einer solchen Kennzahl (mehr) Investitionen in soziale Arbeit zu fordern. Der einzige Grund, warum es soziale Arbeit geben darf, ist der konkrete Bedarf, den ein Mensch hat, die konkrete Hilfe, die ein Mensch braucht. Ansonsten verkommt soziale Arbeit zum Selbstzweck, der vor allem den Helfenden hilft.
Soziale Arbeit, die sich entfernt vom Bedarf des einzelnen Menschen und die sich blenden lässt von Statistiken und Kennzahlen, ist gefährlich. Sie tendiert nämlich dazu, Menschen abhängig zu machen. Und sie bevorzugt Maßnahmen, die möglichst „rentabel“ sind. Derartige Termini sind für Konsumgüterproduzenten u.a. wichtig und entscheidend. – Bei der sozialen Arbeit aber bitte: Orientieren wir uns am Menschen!
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Kommentare, News, Pflegegeld und Pflegevorsorge, Soziale Arbeit und Begleitung
Permalink: [Kurzlink]