WUK Bildung und Beratung veranstaltet am Mittwoch, den 5. Oktober 2016 eine Tagung zum Thema „Hilfe:Pflicht“ – Wenn das Recht auf Hilfe zur Pflicht wird. Sich helfen zu lassen wird immer mehr zur Pflicht – in der Ausbildung und in der Integration. Wie sich diese „Lust an der Pflicht“ auf die AkteurInnen auf beiden Seiten auswirkt, ist u.a. Gegenstand dieser Tagung.
Von der Kindergartenpflicht über die beschlossene Ausbildungspflicht bis 18 oder die Verpflichtung zum Deutsch lernen im Rahmen der Integrationsvereinbarung bis hin zur Forderung nach einer Deutschpflicht auf dem Schulhof: Woher kommt die neue „Lust an der Pflicht“? Und was macht die Pflicht mit den Verpflichteten und mit jenen, die sie kontrollieren und sanktionieren müssen?
Der WUK Bildungs- und Beratungstag 2016 beschäftigt sich mit den Auswirkungen der politischen Bestrebungen nach verpflichtenden Strukturen in der Arbeitsmarkt-, Bildungs- und Integrationspolitik. Nach einem theoretischen Einstieg in das Thema werden aktuelle Beispiele aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet. In der abschließenden Podiumsdiskussion suchen Michaela Moser, Alban Knecht, Camilla Bensch und Boris Printschitz gemeinsam mit dem Publikum nach Wegen im Umgang mit neuen Verpflichtungen und nach möglichen Alternativen zu diesen.
Programm
13:00 Uhr: Begrüßung
Christoph Trauner, Geschäftsleiter WUK Bildung und Beratung
Vorträge
Rechte, Pflichten, Ungleichheiten
FH-Prof. in Mag.a Dr.in Michaela Moser, FH St. Pölten
Güter, Tugenden, Pflichten und Rechte gehören zu den Grundbegriffen klassischer ethischer Reflexionen, Vertragstheorien gelten als Begründung politischer Gleichheit und als theoretischer Hintergrund liberaler Demokratien. Michaela Moser präsentiert in ihrem Beitrag ethisch-philosophische Grundlagen und aktuelle Diskurse zu Rechten und Pflichten, Werten und Normen, diskutiert diese vor dem Hintergrund von Ungleichheitserfahrungen, Diversitätsansätzen und Mitgestaltungsmöglichkeiten und stellt Fragen nach den Konsequenzen für Vorstellungen und Konkretisierungen von Gerechtigkeit und gutem Leben.
Von der Ausbildungsgarantie zur Ausbildungspflicht – Wege in den neoliberalen Wohlfahrtsstaat?
Dr. Alban Knecht, Johannes Kepler Universität Linz
Als 2008 die Ausbildungsgarantie eingeführt wurde, stellte das eine sozialpolitische Neuerung dar: Wer keine Lehrstelle findet, kann seitdem eine überbetriebliche Lehre in einer Lehrwerkstätte absolvieren. Jugendcoaching und Produktionsschule komplettieren die Ausbildungsgarantie zu einem System, das sogar bei der Europäischen Union Furore gemacht hat. Die für 2017 geplante Umstellung der Ausbildungsgarantie in eine Ausbildungspflicht deckt den eigentlichen Hintergrund der Beschäftigungsförderung für Jugendliche auf: Den Umbau von einer versorgenden zu einer sozialinvestiven und aktivierenden Sozialpolitik. Auch die offene Jugendarbeit kann sich immer weniger dem Sog der „Zurichtung zur Beschäftigungsfähigkeit“ erwehren. Alban Knecht diskutiert die aktuellen Entwicklungen von dem Hintergrund aktueller Sozialstaatleitbilder, wie dem Sozialinvestitionsstaat, der Befähigungsstrategie des Philosophen Amartya Sen und dem Neoliberalismus.
— Pause —
15:00 Uhr Vorträge
Wollen müssen – Die Wirkung von Zwangskontexten in der sozialen Arbeit
Mag.a Dr.in Camilla Bensch, WUK Jugendcoaching
Im Sozialbereich Arbeitende wünschen sich, dass ihre Unterstützung nicht nur gebraucht, sondern auch gewollt wird. Zwangskontexte in der sozialen Arbeit sind jedoch keine Ausnahmeerscheinung. Wie reagieren Klient_innen, wenn sie zur Nutzung von Angeboten verpflichtet werden? Wie gehen professionelle Helfer_innen mit der ihnen zugestandenen Macht um und welche Methoden wenden sie an, um Nutzer_innen dennoch zu motivieren? Die Referentin beleuchtet Aspekte des Spannungsfeldes und lässt Expert_innen und Beteiligte im O-Ton in einem Videobeitrag zu Wort kommen.
Die Lust an der Prüfung – Einige Auswirkungen von verpflichtenden Deutschprüfungen
MMag. Boris Printschitz, Österreichisches Sprachdiplom Deutsch (ÖSD)
Im Fokus des Beitrags von Boris Printschitz steht die gesetzliche Verpflichtung zu Deutschprüfungen. Nach der Betrachtung der gesetzlichen Grundlage, der sogenannten Integrationsvereinbarung, beleuchtet er die Auswirkungen auf die Prüfungsteilnehmenden und auch auf die Deutschkurse selbst.
16:00 Uhr: Podiumsdiskussion
Was kommt nach der Pflicht?
Beeinträchtigt die Tendenz zur Pflicht die Freiheit des Individuums? Welche Handlungsspielräume bleiben den professionell Helfenden in einem enger werdenden bürokratischen Korsett? Gibt es Alternativen zur Pflicht, die das jeweilige Ziel vielleicht besser erfüllen könnten? Und was ist, wenn die Pflicht nichts nützt? Diese und andere Fragen diskutieren die Vortragenden mit dem Publikum.
Moderation
Mag.a Lisa Mayr, Ressortleitung Wissen und Gesellschaft – Der Standard
Interessierte haben während der Veranstaltung die Gelegenheit, die Angebote von WUK Bildung und Beratung und des Integrationshauses kennenzulernen.
Kosten
Die Teilnahme ist kostenfrei.
Anmeldung
Online oder per Mail an bildung-beratung@wuk.at
Dieser Termin ist bereits abgelaufen!
Eingetragen von: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 12.10.2016
Kategorie(n): Events
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