Außer vollmundigen Anträgen und Versprechungen bekommen behinderte Menschen in den letzten Jahren kaum etwas von den verantwortlichen Politikern. Ein Kommentar von Thomas Stix.
Die Österreichische Verwaltung hat es endlich geschafft. Es gibt endlich einen neuen Finanzausgleich. Dieses Wort „Finanzausgleich“ galt jahrelang als sowas wie das Zauberwort zur Lösung behindertenpolitischer Probleme. Wenn es seitens der Behindertenorganisationen in den letzten Jahren Forderungen an die Regierung gab, wurde man immer auf den „Finanzausgleich“ vertröstet, der nun bald kommen würde, und wo dann die Gelder zw. Bund und Ländern neu verteilt würden, und man danach neue sozialpolitische Maßnahmen verwirklichen könne.
In Erinnerung rufen möchte ich den im Jahre 2011 vollmundig verkündeten „5-Parteien-Antrag zu Persönlicher Assistenz“ (behindertenarbeit.at-Artikel vom 15.03.2011). In diesem Antrag wurde der Finanzminister aufgefordert, „im Rahmen des Finanzausgleichs eine bundesweite Regelung umzusetzen“. Wir haben nun – Ende 2016 – einen neuen Finanzausgleich aber Null in Richtung bundeseinheitlicher Persönlicher Assistenz umgesetzt, nicht einmal konkrete Pläne gibt es, es ist 5 Jahre lang nichts passiert!
Nun gibt es seit Anfang November 2016 einen ähnlichen parteiübergreifenden Antrag, nach welchem „in Zukunft ein selbstbestimmtes Wohnen anstelle großer Wohnheime möglich sein“ solle (BIZEPS-Artikel vom 10.11.2016). Ich dachte mir: Wow, ganz was Innovatives! Ganz was Neues!
Die Regierung und die Gesetzgebung tut jahrelang nichts in Sachen Persönliche Assistenz und kommt jetzt auf die glorreiche Idee, dass selbstbestimmtes Wohnen wichtig wäre. Liebe Politikerinnen und liebe Politiker! Persönliche Assistenz ist die Grundlage für ein selbstbestimmtes Wohnen! Habt ihr in den letzten Jahren und Jahrzehnten denn gar nichts gelernt!?
Ich habe das Gefühl, dass dieser neuerliche Antrag wieder nur ein Hinausschieben und Hinauszögern ist, damit nichts getan, nichts wirklich umgesetzt werden muss. Mit dem aktuellen Finanzausgleich wurde der große Wurf für ein Assistenzgesetz verpasst. Und was kommt jetzt? Werden wir auf die nächsten Wahlen in 2 Jahren vertröstet oder gar auf den nächsten Finanzausgleich in 5, 6 oder 7 Jahren??
Dieses Hinauszögern wichtiger behindertenpolitischer Weichenstellungen geht auf Kosten der Lebenszeit vieler behinderter Menschen, die darauf warten müssen, ihr eigenes Leben in die Hand nehmen zu können und ihre Lebensqualität zu verbessern – was im Endeffekt auch bedeutet, ihre Lebenszeit zu verlängern. Ob’s sich’s noch ausgeht bis zum nächsten Finanzausgleich, Herr Minister?
Thomas Stix
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 18.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Kommentare, News
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