Der Deutsche Bundestag hat heute das PräimpG angenommen. Es erlaubt in bestimmten Fällen die Aussonderung genetisch ungesunden Erbmaterials bei der künstlichen Befruchtung.
Im Vorfeld wurde hart debattiert und auch jetzt, mit der neuen Regelung der PID, sind noch bei weitem nicht alle Fragen im Zusammenhang mit der künstlichen Befruchtung und der Aussonderung schwerkranken Erbmaterials geklärt.
Mit dem Beschluss des PräimpG im Deutschen Bundestag soll nun mehr Rechtssicherheit für „genetisch stark vorbelastete“ Paare geschaffen werden, die ein gesundes Kind bekommen möchten.
Die Begründung des Gesetzes lehnt ein Verbot der PID ab:
Gerade im Bereich persönlicher Lebensgestaltung, in dem regulative staatliche Eingriffe besonderer Rechtfertigung bedürfen, bringt eine begrenzte Zulassung der PID den individuellen Freiheitsanspruch auf der einen und den Schutz allgemeiner Rechtsgüter durch den Staat auf der anderen Seite am ehesten zu einem gerechten Ausgleich. Denn eine derartige Zulassung ermöglicht den Paaren, die eine PID wahrnehmen wollen, die verantwortungsvolle Ausübung ihres Grundrechts auf Fortpflanzungsfreiheit, ohne dass damit die moralische Position derjenigen, die die PID strikt ablehnen, abgewertet oder für unhaltbar erklärt würde.
Die PID ist jedoch nur in Einzelfällen erlaubt. In der Begründung des Textes steht:
Über die Durchführung der PID ist jedoch in jedem Einzelfall gesondert zu entscheiden. Dieser Einzelfall liegt dann vor, wenn ein für die PID geschulter Arzt als Angehöriger eines lizenzierten Zentrums für Fortpflanzungsmedizin eine hohe Wahrscheinlichkeit attestiert, dass das von dem Paar gezeugte Kind von einer besonders schweren Erbkrankheit betroffen sein wird oder eine Fehl- bzw. Totgeburt zu erwar- ten ist. Die PID darf nur nach Zustimmung einer interdisziplinär zusammengesetzten Ethik-Kommission zu dem Zweck durchgeführt werden, die Anlagen für dieses Leiden zu ermitteln. Das Gesetz verzichtet bewusst auf eine Auflistung von Krankheiten als Indikation für eine PID. Die Entscheidung, in welchen eng definierten Fällen eine PID durchgeführt werden kann, obliegt dem verantwortlich handelnden Arzt und dem Votum der Ethik-Kommission. Über jeden Fall wird einzeln entschieden.
Unklar ist jedenfalls, welche Krankheiten als „schwerwiegend“ gelten. Es wird u.a. eine „geringe Lebenserwartung“ oder „Schwere des Krankheitsbildes“ angeführt.
Spannungsgeladene Debatte im Bundestag
Die SPD-Abgeordnete und ehemalige Behindertenbeauftragte Karin Evers-Meyer trat für eine PID-Zulassung ein. Sie argumentierte, das Leben von Behinderten werde nicht durch die Auswahl von Embryonen wegen Erbkrankheiten beeinträchtigt, sondern durch unzureichende Gleichstellung im Alltag.
Der Patientenbeauftragte Wolfgang Zöller (CSU) hingegen betonte, der staatliche Schutzauftrag gegenüber Menschen mit Behinderungen werde mit einer PID-Zulassung infragegestellt. Ilja Seifert, behindertenpolitischer Sprecher der Linken, mahnte: «Es gibt keine perfekten Menschen – niemand von uns ist das.» Doch die PID nähre Illusionen, es könne eines Tages ewige Gesundheit geben. Aus einem Kinderwunsch könnten leicht Wunschkinder werden.
Harald Terpe von den Grünen mahnte, die PID könne zur Vermeidung bestimmter Behinderungen führen. «Auslese würde für mich zur gesellschaftlichen Norm». Maria Michalk (CDU) meinte: «Krankheit und Behinderung gehört zu unserer menschlichen Existenz.» Es sei ein großer Reichtum, auch schlimme Lebenserfahrungen machen zu müssen.
Caritas-Behindertenhilfe Deutschland kritisiert Beschluss
Thorsten Hinz, Geschäftsführer der Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e.V. zum Beschluss: „Wir sind heute in der Diskussion bei dem Wunsch über das Recht und am Ende würde die Pflicht zu einem nichtbehinderten Kind stehen. Das ist eine Entwicklung, die wir genau so fürchten und einer Gesellschaft, die sich quasi zu einer Pflicht für Nichtbehinderung einsetzt, würden wir nicht zustimmen wollen.“
„Das Signal, was man Menschen mit einer Behinderung in unserer Gesellschaft mit einer Entscheidung für PID gibt, ist ein denkbar schlechtes“, so Hinz weiter.
Download von bundestag.de:
Regelung der Präimplantationsdiagnostik (Präimplantationsdiagnostikgesetz – PräimpG) (PDF)
Quelle: bundestag.de, sueddeutsche.de, domradio.de
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 04.06.2015
Artikel-Kategorie(n): Eugenik und Menschenwürde, News
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