Die aktuelle verfahrene Situation bei den SWÖ-KV-Verhandlungen stellt die Politik auf die Probe. Ein Kommentar von Thomas Stix.
Die Gewerkschaften organisieren dieser Tage Warnstreiks im Gesundheits- und Sozialbereich – dies umfasst die Beschäftigten der Sozialwirtschaft Österreich, der Caritas und der Diakonie. Sie fordern die Einführung einer Normalarbeitszeit von 35 Stunden pro Woche bei vollem Gehalts- und Personalausgleich. Neu ist diese Forderung nicht, auch bei den Kollektivvertragsverhandlungen der vergangenen Jahre stand eine Arbeitszeitverkürzung bereits auf der Forderungsliste der Gewerkschaften GPA-djp und vida. Neu ist heuer allerdings die Vehemenz, mit der diese Forderung gestellt wird.
Die Arbeitgeber – allen voran der Verband Sozialwirtschaft Österreich (SWÖ) – betonen, dass diese Forderung auch bei gutem Willen unter diesen Voraussetzungen „finanziell nicht machbar“ ist. Walter Marschitz macht in einer Aussendung der SWÖ auf den Kernpunkt der Problematik aufmerksam: „Wir bekommen Geld von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellt, das ist der Spielraum, den wir haben.“
Der Schwarze Peter scheint also bei der Politik zu liegen, und bei genauer Betrachtung lässt sich feststellen, dass sich die zugespitzte Lage, die in Form von unlösbaren Kollektivvertragsverhandlungen nun auf dem Tisch liegt, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten aufgebaut hat.
Erst vor zwei Wochen – als der neue Sozialminister Rudi Anschober seine „Dialogtour“ gestartet hat – haben die Arbeitgeber der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) auf ihre Situation und die Versäumnisse beim Thema Pflegereform aufmerksam gemacht. Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, spricht in einer Aussendung von „der teilweise kritischen Situation in der Pflege“ und hofft auf ein rasches Handeln des Ministers. „Bedarfe und Konzepte liegen auf dem Tisch. Die Zeit drängt.“, so Moser dazu.
Bemerkbar macht sich auch der Umstand, dass das Pflegegeld jahrzehntelang nur spärlich erhöht wurde. Heute ist das Pflegegeld inflationsbedingt um ca. 30% weniger wert als bei der Einführung. Das spüren auch die sozialen Dienstleister, da durch das Pflegegeld auch ihre Arbeit mitfinanziert wird.
Bleiben die Gewerkschaften hart und steckt die Politik weiterhin den Kopf in den Sand, dann werden die Konsequenzen am Ende die schwächsten Beteiligten zu tragen haben, nämlich die behinderten, die alten, die pflegebedürftigen Menschen, denn diese müssen dann mit weniger Pflege, Betreuung und Assistenz auskommen – sie werden in diesem Konflikt mit ihrer Lebensqualität zahlen müssen!
Thomas Stix
Quellen:
Sozialwirtschaft Österreich via www.ots.at | 24.02.2020
Presseaussendung vom 18.02.2020 | KV-Verhandlungen – Sozialwirtschaft: Arbeitnehmerforderungen bedeuten 18 Prozent Mehrkosten
Diakonie Österreich via www.ots.at | 24.02.2020
Presseaussendung vom 07.02.2020 | BAG: Bei der Pflegereform rasch Nägel mit Köpfen machen
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 03.03.2020
Artikel-Kategorie(n): Arbeitsbedingungen, Kommentare, News
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