Die Kritik der Behindertenbewegung an der ORF Spendenaktion „Licht ins Dunkel“ ist bekannt. Nun zeigt LiD abermals mangelndes Fingerspitzengefühl. Ein Kommentar von Thomas Stix.
Am 6. April 2022 wurde zum ersten Mal der „Herbert Pichler-Inklusions-Medienpreis“ verliehen. Wir erinnern uns, dass Herbert Pichler, Präsident des Österreichischen Behindertenrats, am 3. April 2021 viel zu früh aus dem Leben geschieden ist (behindertenarbeit.at hat berichtet). Um Pichlers Einsatz für Inklusion zu würdigen, hat ausgerechnet „Licht ins Dunkel“ (LiD) – die vom ORF gepushte Spendenmaschinerie für behinderter Menschen – entschieden, im Namen von Herbert Pichler einen Medienpreis auszuschreiben.
Nicht der erste Medienpreis
In einer Presseaussendung schreibt LiD anlässlich der Preisverleihung: „Erstmals wurden auf Initiative von LICHT INS DUNKEL journalistische Leistungen im Bereich Inklusion ausgezeichnet“. Diese Aussage allein zeigt, wie wenig Ahnung die LiD-Macher:innen von der Behindertenbewegung haben. Dieser Preis ist nämlich keineswegs der erste auf diesem Gebiet. Der ÖZIV zeichnet bereits seit 15 Jahren herausragende Beispiele für die Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen aus. Freilich haben die LiD-Mitleidskampagnen niemals einen dieser Preise bekommen, vielleicht weiß LiD deshalb nichts davon.
Pichler wollte grundlegende Änderungen
Herbert Pichler war ein Kritiker von LiD. Postum wird sein Name nun für einen LiD-Medienpreis verwendet. Ob das seinem Willen entsprechen würde, werden wir leider nicht erfahren. Es besteht jedoch ein berechtigter Zweifel daran, da Herbert Pichler eine komplette Veränderung der Spendenaktion gefordert hat. In einem STANDARD-Artikel vom 4. Dezember 2018 fordert er die Umstellung von Spenden in Sponsoring und kritisiert, dass die Aktion vor allem zur Weihnachtszeit behinderte Menschen zeigt, die „das ganze Jahr versteckt“ bleiben. Erfüllt wurden diese Forderungen freilich nicht.
Kritik an Namensgebung
Auch die Behinderteninitiative BMIN kritisiert das Vorgehen von LiD bei der Namensgebung des Medienpreises. Pepo Meia schreibt im September 2021 in einem Kommentar: „Gegen einen Medienpreis ist ja nichts zu einzuwenden – jedoch diesen nach Herbert Pichler zu benennen??? Viele, die Herbert besser gekannt haben, finden dies unpassend.“
Die Verantwortlichen bei LiD zeigen mit dieser Vorgehensweise wieder, wie wenig Fingerspitzengefühl vorhanden ist, wenn es um echte Teilhabe und Kommunikation auf Augenhöhe geht. Und daher wird die Notwendigkeit, die Aktion LiD komplett umzukrempeln und von Grund auf zu ändern, wichtiger denn je.
Quellen:
BMIN – Behinderte Menschen Inklusiv | 06.04.2022
Artikel vom 11.09.2021 | LICHT INS DUNKEL – INKLUSIONS-MEDIENPREIS im Sinne von Herbert Pichler?
derStandard.at | 06.04.2022
Artikel vom 04.12.2018 | Schatten über „Licht ins Dunkel“: „Weg von der Negativdarstellung“
Verein LICHT INS DUNKEL via APA OTS | 06.04.2022
Presseaussendung vom 06.04.2022 | Herbert Pichler-Inklusions-Medienpreis verliehen
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 15.04.2022
Artikel-Kategorie(n): Kommentare, News, Selbstbestimmtes Leben
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