Betroffene Eltern haben eine Bürgerinitiative mit über 35.000 Unterschriften gestartet und gehen im Rahmen einer Klage gegen die Republik Österreich vor.
In Österreich gilt die Allgemeine Schulpflicht – jedes Kind muss damit neun Jahre Schulzeit absolvieren – auch Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, darunter etwa Schüler*innen mit kognitiver Beeinträchtigung, Trisomie 21, Autismus oder anderen Entwicklungsverzögerungen.
Während für die meisten Schüler:innen die Schule nach neuen Jahren noch weiter geht, ist dies für Kinder mit Behinderung nicht gesichert. Um dem eigenen Kind eine Bildung nach dem zehnten Schuljahr zu ermöglichen, braucht es die Zustimmung des Schulerhalters, sowie der zuständigen Schulbehörde. Die Voraussetzungen, wann der Antrag genehmigt bzw. abgelehnt werden darf, sind im Gesetz nicht definiert.
In der Realität werden diese Bewilligungen oft nicht erteilt. Jugendlichen mit Behinderung wird also eine gleichberechtigte Teilhabe im Bildungsbereich – dies entspricht nicht den Richtlinien der UN-Behindertenrechtskonvention.
Eltern klagen Republik Österreich
Konkrete Forderungen der Klage der Elterninitiative gegen die Republik Österreich umfassen die Berechtigung auf eine spätere Einschulung von Kindern mit Behinderung, einen Rechtsanspruch auf ein elftes und zwölftes Schuljahr, sowie das Ausbauen der sonderpädagogische Angebote in der Sekundarstufe 2. Letzteres ist unmittelbar mit den weiteren Schuljahren verbunden – es braucht „inklusive Settings“ und qualifizierte Fachkräfte, um eine sinnvolle und den Kindern-gerechte Inklusion gewährleisten zu können.
„Das elfte und zwölfte Schuljahr sind da nur ein kleiner Teil, der für die Familien natürlich extrem wichtig ist, aber grundsätzlich geht es uns auch darum, diese Kinder sichtbar zu machen. Sie sollen Teilhabe an der Gesellschaft ermöglicht bekommen. Wenn man ein Kind mit Behinderung hat, heißt das ab der Geburt: Du bist immer am Kämpfen. Um einen Kindergartenplatz, den es nicht gibt, um Geburtstagsfeiern, zu denen dein Kind nicht eingeladen wird, und dann auch noch um einen Schulplatz. Diese Kinder werden so oft unsichtbar gemacht. (…)“, so Karin Riebenbauer, eine der Initiatorinnen der Initiative.
Wie bereits erwähnt, solle die UN-Behindertenrechtskonvention all das bereits regeln – der Staat hat 2008 eigentlich beschlossen, sie umzusetzen. Dass dies in der Realität noch nicht der Fall ist, ist nichts Neues – daher ist es umso wichtiger, konkrete Forderungen zu stellen und sich hinsichtlich der Nichteinhaltung von ratifizierten Gesetzen auf eben diese zu beziehen.
Klagsverband gegen Bildungsministerium
Gleichzeitig läuft eine Verbandsklage, bei der das Bildungsministerium bezüglich der Nicht-Bereitstellung von Unterstützung für Schüler*innen mit Behinderung während der Schulzeiten.
Der Klagsverband wird von BIZEPS, Integration Tirol sowie vom Blinden- und Sehbehindertenverband BSVÖ, Integration Wien, Selbstbestimmt Leben Österreich und Selbstbestimmt Leben Innsbruck unterstützt.
„In der Beratung erleben wir immer wieder, dass Kinder keine persönliche Assistenz erhalten, und daher keine Bundesschule, zum Beispiel ein Gymnasium, besuchen können“, so Sonja Tollinger vom Verein Integration Tirol.
Dies ist ganz einfach diskriminierend – es führt unmittelbar zu schlechteren Chancen am Arbeitsmarkt. Obendrein werden dadurch die Familien, sowie auch die Mitschüler*innen belastet.
Link zur Bürgerinitiative
parlament.gv.at – Bürgerinitiative Recht auf Bildung für ALLE Kinder
Quellen:
Klagsverband | 22.11.2022
Presseaussendung zur Verbandsklage gegen das Bildungsministerium
https://www.klagsverband.at/archives/18827
ORF | 23.11.2022
Klage: Mehr Rechte für behinderte Schüler
https://tirol.orf.at/stories/3183324
Fotoquelle:
Image by Freepik
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 14.12.2022
Artikel-Kategorie(n): News, Schulische Integration
Permalink: [Kurzlink]