Behindertenorganisationen sehen Gefahr von Verarmung und Zwang zur Rückkehr in Heime
Die Niederösterreichische Landesregierung plant bei der aktuellen Novellierung des Mindestsicherungsgesetzes, den Bezug der Wohnbeihilfe in die Mindestsicherung miteinzubeziehen.
Besonders treffen würde dies behinderte Menschen, da diese mangels ausreichender Arbeitsmöglichkeiten überdurchschnittlich oft Mindestsicherung beziehen.
Aus für Leben in der eigenen Wohnung?
In einer Presseaussendung vom 18.02.2016 warnt die Lebenshilfe Niederösterreich, die behinderten Menschen neben Vollzeitbetreuung auch mobile Assistenz beim Wohnen anbietet, dass die Bemühungen der letzten Jahre, behinderten Menschen vermehrt ein Leben in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen, mit dieser finanziellen Kürzung zunichte gemacht würden. Etlichen Menschen drohe sogar eine Rückkehr in Heimstrukturen. In der Stellungnahme heißt es dazu:
Wenn der Aufwand für Wohnen daraus nicht mehr gänzlich gedeckt wird, dann wird gerade dieser Personenkreis nicht mehr selbstbestimmt in der eigenen Wohnung leben können und damit werden diese Menschen wieder in institutionelles Wohnen gedrängt werden.
Dramatische finanzielle Auswirkungen für Behinderte
In einer Presseaussendung der Grünen vom 18.02.2016 warnt Behindertensprecherin Helene Jarmer davor, dass die geplanten Änderungen im niederösterreichischen Mindestsicherungsgesetzes für Menschen mit Behinderungen dramatische finanzielle Auswirkungen haben würden.
„Die Anrechnung von Wohnbeihilfe bzw. Wohnzuschuss auf die Mindestsicherung kann bedeuten, dass Menschen mit Behinderungen wieder in Behindertenheime ziehen müssen“, sagt Jarmer. „Das widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention, die eindeutig die freie Wahl des Wohnortes für Menschen mit Behinderungen vorsieht.“
ÖAR fordert Reduzierung von Armut statt Kürzungen
Die ÖAR – Interessenvertretung der Menschen mit Behinderungen in Österreich – lehnt die geplanten Gesetzesänderungen entschieden ab. In einer Stellungnahme vom 18.02.2016 schreibt die ÖAR:
Laut dem Behindertenbericht der Bundesregierung aus dem Jahr 2008 ist die Armutsgefährdungsquote von Menschen mit Behinderungen mit 20% fast doppelt so hoch, wie jene von nicht behinderten Personen. Die Situation hat sich seit dem Jahr 2008 noch wesentlich verschlechtert. Im Nationalen Aktionsplan Behinderung 2012 – 2020 wurde zur Sicherung des Lebensstandards und Armutsbekämpfung als Ziel formuliert, dass bei allen Maßnahmen, zur Vermeidung und Reduzierung von Armut, Menschen mit Behinderungen besonders zu berücksichtigen sind.
Das NÖ Mindestsicherungsgesetzes (NÖ MSG) steht heute (18.02.2016) auf der Tagesordnung der Sitzung des NÖ Landtages.
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 18.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Behindertenpolitik, Gleichstellung und Antidiskriminierung, News
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