Die UN-Behindertenrechtskonvention fordert Persönliche Assistenz für behinderte Menschen. In Österreich besteht bei der Umsetzung noch großer Handlungsbedarf.
Selbstbestimmung statt Fremdbestimmung
Einleitend heisst es in der Stellungnahme:
Persönliche Assistenz hat das Ziel, die Partizipation – gleichberechtigte Teilhabe – von Menschen mit Behinderungen auf Basis von Selbstbestimmung zu ermöglichen und damit ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderungen zu verwirklichen. Die Hinwendung zu dieser Unterstützungsform erfolgte vor dem Hintergrund einer Abwendung von herkömmlichen Versorgungsformen, die als entmündigend, fremdbestimmend und bevormundend erlebt wurden bzw. werden. Persönliche Assistenz ist daher auch ein wichtiger Faktor in der Ermöglichung von gemeindenahen Wohnformen, die überholte Modelle, wie zB institutionelle Betreuung, aber auch Versorgung zu Hause vor allem durch Familienangehörige mittelfristig ersetzen müssen.
Charakteristisch für das Unterstützungsmodell der Persönlichen Assistenz (PA) sind folgende Punkte:
- Der individuelle Unterstützungsbedarf der behinderten Person ist im Fokus.
- Assistenznehmer/innen entscheiden frei, wer was wann wo und wie für sie macht.
- Die Mittel für die Finanzierung erhält die Person.
- Freie Wahlmöglichkeit des Organisationsmodells und des Anbieters.
PA muss für alle Menschen mit Behinderung möglich sein, ungeachtet der „Art der Behinderung“:
Das Modell der Persönlichen Assistenz bringt auch Vorteile für alle, die trotz geeigneter Information, Beratung und anderer Unterstützung nicht in der Lage sind, Dienstleistungen auszuwählen und zu bewerten oder ihre Assistenz selbst anzustellen, vorausgesetzt, sie erhalten die entsprechende Unterstützung von Dritten, wie beispielsweise ihrem gesetzlichen Beistand, Familienmitgliedern oder anderen Personen, zu denen sie entsprechend Vertrauen haben bzw. Vertrauen aufbauen konnten.
Ist-Situation
In Österreich existiert kein einheitliches Regelwerk für Persönliche Assistenz.
Das Pflegegeld deckt einen pflegebedingten Mehraufwand nur pauschal ab, nicht jedoch die tatsächlich anfallenden Kosten.
In den Bundesländern gibt es verschiedene Regelungen für PA. Das fortschrittlichste Modell ist bisweilen in Wien zu finden, aber auch hier werden insb. Menschen mit Lernschwierigkeiten (Sachwalterschaft) von der Leistung ausgeschlossen.
Seit 2003 gibt es eine bundeseinheitlich geregelte Persönliche Assistenz am Arbeitsplatz (PAA). Diese steht behinderten Menschen während der Arbeit, Arbeitssuche und u.U. während der Ausbildung zur Verfügung.
Darüber hinaus gibt es Assistenz in Bildungseinrichtungen und Schulassistenz.
Positive Auswirkungen Persönlicher Assistenz
Persönliche Assistenz ist in erster Linie der Unterstützungsmechanismus, der Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes Leben ermöglicht und einen entscheidenden Beitrag zum barrierefreien und inklusiven Genuss aller Menschenrechte leistet.
Eine detaillierte Evaluation der PA wurde von der Stadt Wien durchgeführt. Diese Evaluation bestätigt die positiven Auswirkungen von PA auf das Leben der TeilnehmerInnen des Modellprojekts.
Auch eine oftmals befürchtete Kostenexplosion konnte nicht nachgewiesen werden. Der Fonds Soziales Wien stellt im Zuge einer Untersuchung des Kontrollamts fest:
„Die Kosten für Persönliche Assistenz betragen pro Tag durchschnittlich 195,- Euro. Im Vergleich dazu muss im Rahmen der ‚klassischen‘ Behindertenhilfe für ein typisches Leistungspaket bestehend aus vollbetreutem Wohnen, Beschäftigungstherapie und Fahrtendienst mit Kosten in der Höhe von durchschnittlich mindestens 170,- Euro bis über 210,- Euro gerechnet werden. Hierbei ist der mögliche gleichzeitige Bezug von weiteren Förderungen (z.B. Hilfsmitteln) noch nicht berücksichtigt.“
Vorgaben der UN-Konvention und Handlungsbedarf
Die Konvention verpflichtet die Mitgliedsstaaten, behinderten Menschen Persönliche Assistenz zur Verfügung zu stellen.
Es besteht daher in Österreich dringender Handlungsbedarf. Nach Schätzungen leben derzeit etwa 1.000 Behinderte mit PA im Gegensatz zu etwa 20.000, die noch in der klassischen Behindertenhilfe mit Betreutem Wohnen und Beschäftigungstherapie betreut werden.
Im Regierungsprogramm ist der „Ausbau der persönlichen Assistenz in Be-schäftigung und Ausbildung (wie Schule, Universität, Fachhochschulen) sowie die Prüfung der Möglichkeit einer bundesweiten persönlichen Assistenz in allen Lebensbereichen sowie Evaluierung des Ist-Zustandes und Überprüfung von Weiterentwicklungsmöglichkeiten“ vorgesehen. Darüber hinaus wurde eine Arbeitsgruppe aus VertreterInnen des BMASK und der Länder unter Federführung des BMASK eingerichtet.
Im März wurde ein Entschließungsantrag zur Schaffung einer bundeseinheitlichen Regelung von Persönlicher Assistenz durch die fünf Parlamentsparteien gefasst.
Im Jahr 2004 wurde von der internationalen Selbstbestimmt-Leben-Bewegung eine Richtlinie erstellt, die bei der Implementierung von Persönlicher Assistenz in die nationale Gesetzgebung helfen soll.
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Quelle: MonitoringAusschuss.at
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): News, UN Behindertenrechtskonvention
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