Das Wiener Hilfswerk und Jugend am Werk zeigen mit dem Projekt „Auch ich bin Freiwillige/r“, dass auch Menschen mit Behinderung eine wichtige Stütze freiwilligen Engagements sind.
Wolfgang Brader lächelt zufrieden. Das tut er oft. Er ist das, was man einen fröhlichen Menschen nennt. Im Augenblick lächelt Wolfgang Brader allerdings deshalb, weil er bei der Arbeit ist. Er ist glücklich darüber, seinen Beitrag zu leisten. Dabei bekommt er dafür nicht einmal etwas bezahlt. Auch das wäre noch nichts Außergewöhnliches, denn es gibt viele Menschen, die sich freiwillig engagieren. Mit einem kleinen Unterschied: Wolfgang Brader hat eine Lernbehinderung.
Menschen mit Behinderung als Freiwillige? Das geht? Es geht tatsächlich, und es funktioniert gut. Seit April 2011 betätigen sich acht Frauen und Männer aus einer Werkstätte und Tagesstruktur von Jugend am Werk als freiwillige HelferInnen. Das Projekt „Auch ich bin Freiwillige/r“, das das Wiener Hilfswerk gemeinsam mit Jugend am Werk aus der Taufe gehoben hat, bietet ihnen die Möglichkeit, Gutes zu tun und sich – auch außerhalb ihrer normalen Arbeit – sinnvoll zu beschäftigen. Denn arbeiten tun die Freiwilligen mit Behinderung auch sonst genug. In der Tischlerei von Jugend am Werk in der Wurlitzergasse beispielsweise, wo Wolfgang Brader stolz ein Regal herzeigt. „Dafür haben wir zwei Wochen gebraucht“, erklärt der 40-jährige. Auch die anderen Freiwilligen haben dort Jobs, servieren im Cafe, fertigen kunstvolle Töpfereien an oder verpacken Bücher und Kalender. Warum leisten Menschen, die ohnehin täglich arbeiten, zusätzlich freiwillige Unterstützung? „Ich helfe einfach gerne anderen Menschen“, meint Brader. „Mir geht es ja gut. Anderen nicht.“
„Dass man etwas Sinnvolles tut“
Braders Kollegin Elisabeth Kiss teilt diese Ansicht. „Das Gefühl, jemandem helfen zu können, ist wirklich schön – dass man etwas Sinnvolles tut.“ Jeden Freitag geht die 46-jährige von der Einrichtung von Jugend am Werk in der Wurlitzergasse ins nahegelegene Nachbarschaftszentrum 16 – Ottakring des Wiener Hilfswerks und sortiert dort die Flohmarktware. Sie tut das auf eigenen Wunsch, weil sie keinen Kontakt mit KundInnen wollte. Ein Berg an bunten Kleidern, wild durcheinandergeworfen, bereitet ihr keine Probleme. Ein Haufen Wäsche ist ordentlich zusammengelegt und geschlichtet, schon ist der nächste dran.
Eine wichtige Chance
Das Wiener Hilfswerk und Jugend am Werk schufen mit dem Projekt eine wichtige Chance – die Chance für Menschen mit Behinderung, es allen anderen gleichzutun und einen sozialen Beitrag zu leisten. „Die Freiwilligenarbeit macht einen großen Teil des Erfolges eines Nachbarschaftszentrums aus“, so Verena Mayrhofer Iljić. Die Leiterin des Nachbarschaftszentrums 16 weiß, wovon sie spricht. Jedes aktive Tun sei eine Bereicherung für die Freiwilligen selbst und für das Wiener Hilfswerk, meint sie weiter. Um Mayrhofer Iljić herum herrscht das hektische Treiben des Sozialflohmarkts, den das Nachbarschaftszentrum jeden ersten Freitag im Monat veranstaltet. Bei diesen Flohmärkten in den Nachbarschaftszentren Ottakring und Hernals helfen die Freiwilligen vom Anfang bis zum Schluss mit. Sie packen beim Aufbau an, verkaufen fleißig und räumen schließlich wieder zusammen. Wolfgang Brader ist sichtlich in seinem Element.
Abwechslung, soziale Kontakte, Win-win
Der Erlös, den Brader und seine KollegInnen auf diese Weise zweimal monatlich erwirtschaften, kommt direkt den Sozialprojekten des Wiener Hilfswerks zugute. Das wissen die Freiwilligen. Und das war ihr Wunsch, wie Tamara Grundstein und Rudolf Kammerer berichten. Grundstein (Wiener Hilfswerk) und Kammerer (Jugend am Werk) betreuen das Projekt und haben Freude an der Entwicklung. „Die Freiwilligen mit Behinderung entscheiden selbst, ob, wo und wie sie mithelfen möchten“, meint Kammerer. „Durch das Engagement beim Wiener Hilfswerk erhalten sie die Gelegenheit zur Abwechslung. Sie knüpfen neue soziale Kontakte und sind stolz auf den Beitrag, den sie leisten.“ „Das Wiener Hilfswerk profitiert von zuverlässigen und flexiblen freiwilligen HelferInnen“, setzt Grundstein fort. „Die Zusammenarbeit ist eine echte Win-Win-Situation für alle Beteiligten.“
Man fragt sich – wie man es auch sonst oft im Zusammenhang mit freiwilliger Tätigkeit tut – was fehlen würde, wenn die Arbeit liegen bliebe. Was wäre, wenn Wolfgang Brader, Elisabeth Kiss und die anderen sechs Freiwilligen nicht kämen, um ihre diversen Aufgaben zu erledigen, ganz aus freien Stücken. Wahrscheinlich weiß Elisabeth Kiss das, denn viele Wäschehaufen später, nach Abschluss ihrer Einheit für die Woche, wirkt auch sie vollkommen zufrieden. Sie hat ihren Beitrag geleistet.
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Quelle: Wiener Hilfswerk, Jugend am Werk
AutorIn: Wiener Hilfswerk, Jugend am Werk
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Menschen mit Lernschwierigkeiten, News
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