Menschen mit Behinderung sind mit einer Reihe von Einsparungsmaßnahmen konfrontiert. Besonders hart trifft mobilitätseingeschränkte Personen der Rechenstift im Bereich der Verkehrsmobilität.
Die Bundesregierung entdeckt das Thema Behinderung – unglücklicherweise jedoch vorrangig als Ziel budgetärer Sparmaßnahmen. Bereits mit dem Sparpaket im Herbst des vergangenen Jahres wurde der Zugang zum Pflegegeld erschwert. Danach wurden die Übergangsbestimmungen in Sachen barrierefrei Bauen verlängert. Für NutzerInnen von behindertengerechten Autos ändert sich nun auch einiges…
Automatik wird nicht mehr gefördert
Bereits vor einigen Jahren wurden in einigen Bundesländern schmerzhafte Einschnitte bei der vormals umfassenden Förderung von PKW-Anschaffungen vorgenommen. So werden Mehrkosten für ein Automatikgetriebe, das von der Mehrzahl der mobilitätsbehinderten Lenkerinnen und Lenker benötigt wird, nicht mehr abgegolten. Begründung: Automatikgetriebe seien Bestandteil vieler Ausstattungspakete und deshalb kein behinderungsbedingter Mehraufwand.
Dass sich diese Pakete kräftig zu Buche schlagen, wird dabei ignoriert. Im Falle eines VW Golf, dem Fahrzeug mit den meisten Neuzulassungen des Jahres 2010, beläuft sich der Unterschied auf über 3.500 Euro: Die günstigste Variante dieses Modells beläuft sich mit Schaltgetriebe auf 16.990 Euro. Mit Automatikgetriebe ist der Golf nicht unter 20.530 Euro erhältlich. Dabei steigen Käufer von Volkswagen-Modellen noch relativ günstig aus. Im Falle des Mittelklassewagens Mazda 6 ist die Differenz noch gravierender: Das Grundmodell ist für 23.990 Euro zu haben, das billigste Automatik-Modell für 32.990. Der Grund für die horrenden Preisunterschiede: Das Automatikgetriebe wird es ab einer relativ starken Motorisierung und im Paket mit anderen „Extras“ angeboten, die sich rasch summieren. Tatsächlich, ohne Aufpreis gibt es Automatik-Getriebe nur in äußerst wenigen Modellen. Etwa in der S-Klasse von Mercedes: Anschaffungspreis ab 78.400 Euro.
NOVA-Rückerstattung gestrichen; nennenswerte Förderungen nur noch für BesserverdienerInnen
Das Bundessozialamt Wien wird dieses Jahr die Mobilitätspauschale für behinderte ArbeitnehmerInnen statt im März erst im August oder September zur Auszahlung bringen. Hier heißt es für Menschen mit Behinderung bloß „bitte warten“. Auf die über Jahrzehnte praktizierte Rückerstattung der Normverbrauchsabgabe, kurz NOVA, wird man jedoch vergeblich warten: Mit Jahreswechsel wurde diese nämlich sang- und klanglos gestrichen. Bei einem PKW der Kompakt- und Mittelklasse brachte dies behinderten KFZ-Lenkern bislang eine Ersparnis von rund 1.000 bis 2.000 Euro beim Neukauf. Zudem handelte es sich dabei um die einzige Förderung, für die Rechtsanspruch bestand. FPÖ-Behindertensprecher Norbert Hofer nennt diese Einsparung einen „Skandal erster Güte“ und eine „unsoziale und menschenfeindliche Sparmaßnahme“.
Als Ersatz für die entgangene Förderung hat die Bundesregierung die Absetzbarkeit von PKW Kosten für behinderte Menschen um 37 Euro monatlich erhöht. Personen mit einem Einkommen von weniger als 1300 Euro brutto pro Monat haben von dieser Maßnahme allerdings gar nichts: Sie ersparen sich dadurch keinen einzigen Cent. Erst über dieser Einkommensschwelle schlägt sich die Steuererleichterung mit 13,5 Euro pro Monat am Gehaltskonto nieder. Die bis zu rd. 2.000 Euro Nova-Erstattung, die bislang alle fünf Jahre in Anspruch genommen werden konnte, erreicht man durch die Neuregelung bei der Einkommensteuer freilich erst nach 12 Jahren und 4 Monaten. Es sei denn, man verdient mehr als 73.000 Euro brutto pro Jahr: Dann rechnet sich die Steuerbegünstigung aufgrund der höheren Einkommensteuer für Besserverdiener rascher. Für diese Einkommensgruppe wird auch die Mercedes S-Klasse mit ihrem gratis Automatik-Getriebe wohl interessant. Ob das wohl die neue Zielgruppe der österreichischen Behindertenpolitik sein soll?
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 26.08.2020
Artikel-Kategorie(n): Behindertenpolitik, News
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