Eine Handyrechnung über 2500 Euro erregt die Gemüter. Problematische Begründung der AK: Aufgrund objektiv wahrnehmbarer Einschränkung hätte Vertrag nicht zustande kommen dürfen.
Rund um eine Handyrechnung über 2.500 Euro des Betreibers A1 an eine „geistig behinderte“ Frau ist jüngst in den Medien Aufsehen erregt worden. Die Arbeiterkammer fordert nun eine komplette Rücknahme der Forderung sowie Refundierung der abgebuchten Beträge und droht dem Betreiber mit Klage. Begründung: Die behinderte Frau sei nicht geschäftsfähig gewesen.
A1 weist die Vorwürfe zurück. Die Kundin sei laufend über die Abbuchung per SMS informiert worden. Eine geminderte Geschäftsfähigkeit sei nicht bekannt gewesen. Da die Kundin über ein eigenes Konto und somit über eigenes Geld verfüge, sieht sich A1 im Recht und will kein Geld refundieren, ist aber damit einverstanden, von den Forderungen der letzten Monate abzusehen.
Soweit kurz zusammengefasst der Sachverhalt. Dass sich die AK für die Kundin einsetzt, liegt in ihrem Aufgabenbereich, aber die Behinderung derart als Vorwand zu nehmen wie es hier augenscheinlich passiert, ist problematisch. Die AK argumentiert: „Aufgrund der auch objektiv wahrnehmbaren geistigen und körperlichen Einschränkung hätte dieser Vertrag nicht zustande kommen dürfen.“ (vorarlberg.orf.at). Wie stellt sich die AK das in der Praxis vor? Ein Handyverkäufer schaut sich die behinderte Person an und entscheidet dann nach dem Aussehen, ob diese würdig ist, einen Vertrag abzuschließen? Genau dagegen kämpfen behinderte Menschen seit Jahrzehnten! Denn eine derartige Vorgehensweise ist nicht nur entwürdigend sondern eine Menschenrechtsverletzung die jedem Gleichstellungsgedanken widerspricht.
Freilich, dass Handyverträge nicht wirklich in vollem Umfang verstanden werden können, das ist eine andere Sache, und ich denke, dass nicht wirklich jemand – ob behindert oder nicht – einschätzen kann, wieviele Minuten Youtube-Videos man sich mit 1 GB Datenvolumen ansehen kann. Bessere Kostenkontrolle und Kostensperren im Zusammenhang mit Smartphones und Handys fordert der Verbraucherschutz schon lange.
Ob die immens hohe Handyrechnung nun gerechtfertigt ist oder nicht, darf nicht mit dem „Behinderungsargument“ ausgetragen werden. Es ist ein generelles Problem, das viele Menschen betrifft, ob behindert oder nicht.
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 26.08.2020
Artikel-Kategorie(n): News, Selbstbestimmtes Leben
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