Die jahrzehntelange Forderung nach „Lohn statt Taschengeld – einen Job am ersten Arbeitsmarkt“ wird in Kärnten zum Teil Realität – zumindest vorerst. Das Pilotprojekt „Reallabor“ sammelt Erfahrungswerte als Grundlage für den Bund.
Testphase als Grundlage für nächste Schritte
In Zusammenarbeit mit der Lebenshilfe Kärnten wurde das „Realllabor“ als Arbeitsplatz für 20 Teilnehmer:innen mit Behinderungen konzipiert – einstweilig unter wissenschaftlicher Beobachtung. Nach zwei Jahren werden die Erkenntnisse evaluiert. Diese sollen anschließend dem Bund als Grundlage für eine österreichweite Umsetzung dienen.
Landesrätin Beate Prettner beschreibt das Projekt als einen „Meilenstein für Menschen mit Behinderung“. Zum ersten Mal wird Inklusion am Arbeitsplatz Realität. Dazu gehören natürlich Dienstverträge und ein eigenes Konto.
Prettner betont hierzu: „Ein eigens Konto ist für uns eine Selbstverständlichkeit, für die Teilnehmenden des Reallabors aber absolutes Neuland und eine wirkliche Errungenschaft“. Ein eigenes Konto gibt Perspektive, Selbstbewusstsein und Selbstvertrauen – „es gibt den Ausblick auf eine eigenständigere Zukunft“, so Prettner.
Trainingsphase voll im Gange
Zu Zeit befinden sich die 20 Teilnehmer:innen im Training an vier Standorten der Lebenshilfe Kärnten. Dort sollen sie alles Wichtige für den ersten Arbeitsmarkt lernen.
Silke Ehrenbrandtner, Geschäftsführerin der Lebenshilfe Kärnten, erklärt hierzu:
„In den ersten Wochen steht ganz viel ‚training on the job‘ auf dem Programm. Es geht um Pünktlichkeit, es geht um das Arbeiten im Team. Nach dieser Trainingsphase kommen die Teilnehmenden in unterschiedliche Betriebe, wo sie erstmals ihrer Arbeit vor Ort nachgehen werden.“
Sie erwähnt außerdem erfreut, dass sich bereits mehrere Betriebe von sich aus gemeldet haben, um Arbeitsplätze für die Teilnehmer:innen anzubieten. Geplant ist, dass diese für 19 Wochenstunden angestellt, und nach dem SWÖ-Kollektivvertrag bezahlt, werden. Somit verdienen sie ca. 1050,- Euro brutto pro Monat.
Bestehende Probleme werden angegangen
Ehrenbrandter erklärt weiters, dass das „Reallabor“ den Teilnehmer:innen die Möglichkeit bietet, „in Leistungen der Chancengleichheit zurückzukehren – für den Fall, dass es mit der Beschäftigung nicht so klappt, wie gewünscht und erhofft“. Dies ist nämlich nicht immer gegeben – so zum Beispiel bei „fähigkeitsorientierter Beschäftigung“.
Sigrid Samm, Leiterin der Unterabteilung Chancengleichheit im Amt der Kärntner Landesregierung, betont, dass dieser Umstand „natürlich ein Hemmschuh auf dem Weg zur Umsetzung des Punktes „Recht auf Arbeit“, wie er in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben ist“ sei. Weiters betont sie wieder einmal, dass in Österreich rund 25.000 Menschen mit Behinderungen laut Einstufung der Pensionsversicherungsanstalt als „arbeitsunfähig“ klassifiziert sind – davon arbeiten zwar einige in Beschäftigungswerkstätten, sie erhalten dort jedoch keinen Lohn, sondern nur ein Taschengeld. Hinzu kommt, dass die Beschäftigten in Werkstätten auch nicht sozialversichert sind.
Das Pilotprojekt wird vom Land Kärnten, dem Referat Chancengleichheit, und mit EU-Fördergeldern finanziert: „Die Kosten für das Land belaufen sich pro Jahr auf rund 550.000 Euro. Die EU-Förderung beträgt 370.000 Euro.“, so Prettner.
Aussicht auf ein selbstständigeres Leben
Eine der Teilnehmer:innen, die 24-jährige Rebecca Samselnig, erzählt auf der Pressekonferenz, sie freue sich „endlich eigenes Geld zu verdienen“ – ihr Wunsch ist es, „einmal gemeinsam mit einer Freundin eine eigene Wohnung zu haben und die schön einzurichten.“ Weiters zeigt sie sich hochmotiviert – sie weiß, dass sie „noch viel lernen muss. Aber das schaffe ich sicher“.
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 30.10.2023
Artikel-Kategorie(n): Arbeitsintegration und unterstützte Beschäftigung, News
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