Vielfach wurde in den letzten Jahren die fehlende Datenlage zu Menschen mit Behinderungen kritisiert. Nun veröffentlicht Statistik Austria erstmals einen Bericht mit umfassenden Auswertungen zu Einkommen, Wohnsituation, Bildung und Arbeit. Zwei weitere Berichte sollen folgen.
Rund 1,9 Millionen Menschen in Österreich fühlen sich im Alltag gesundheitsbedingt eingeschränkt, leben also gemäß GALI-Definition (Global Activity Limitation Indicator) mit Behinderungen. Trotz dieser großen Anzahl gibt es bis dato keine umfassende Darstellung zu deren Lebenssituation – ein Umstand, die auch im Rahmen der UN-Staatenprüfung vergangenes Jahr heftig kritisiert wurde. Die Ursache für diese Datenlücke liegt unter anderem in den geteilten Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern, wodurch bestehende Statistiken bisher nur separat vorliegen und keinen vollständigen Überblick ermöglichen.
Im Auftrag des Bundesministeriums (BMSGPK) startete 2023 daher ein auf zwei Jahre ausgelegtes Pilotprojekt, das bestehende Daten zusammenführen und den Aufbau einer regelmäßigen „Behinderungs- und Teilhabestatistik” umsetzen soll.
Erster Zwischenbricht macht Armut und soziale Ausgrenzung deutlich
Die Daten des ersten Zwischenberichts basieren auf vier Erhebungen, die zwischen 2019 und 2022 durchgeführt wurden. Befragt wurden Personen in österreichischen Privathaushalten ab einem Alter von 15 Jahren. Personen mit Hauptwohnsitz in sogenannten „Anstaltshaushalten“ sowie jüngere Jugendliche und Kinder wurden nicht erfasst.
Erste Ergebnisse liefern einen Überblick über die finanzielle Situation: Laut Erhebung lag das durchschnittliche Haushaltskommen von Menschen mit Behinderungen im Jahr 2022 bei 28.409 Euro, von Menschen ohne Behinderung bei 31.473 Euro. Rund 23 Prozent der Personen mit gesundheitsbedingten Einschränkungen sind armuts- und ausgrenzungsgefährdet, 5,5 Prozent erleben sogar erhebliche materielle und soziale Benachteiligung – mehr als doppelt so viele wie in der Gesamtbevölkerung.
Zahlen belegen geringere Bildungs- und Erwerbschancen
Der aktuelle Bericht bietet auch detaillierte Einblicke zu Bildung und Teilhabe am Arbeitsleben. So haben 8,4 Prozent der Menschen mit Behinderungen einen akademischen Abschluss, während dieser Wert bei Menschen ohne Behinderungen bei rund 20 Prozent liegt. Auch eine Matura haben nur etwa halb so viele Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen.
Es zeigt sich, dass sich das geringere Bildungsniveau in weiterer Folge auf die Erwerbstätigkeit auswirkt: 2022 waren rund 78 Prozent aller Menschen ohne Behinderungen erwerbstätig, bei Menschen mit Behinderungen waren es 56 Prozent. Rund 34 Prozent davon waren teilzeitbeschäftigt. Im Schnitt benötigen Menschen mit Behinderungen 21,4 Monate, um eine Arbeit zu finden.
Aktuelle Daten als Grundlage für zielgerichtete Maßnahmen
“Für eine volle Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist noch viel zu tun. Das zeigt der Bericht deutlich. Er liefert gleichzeitig eine fundierte Grundlage für weitere Maßnahmen“, so Sozialminister Johannes Rauch zu den Auswertungsergebnissen.
Zwei weitere Berichte sind noch geplant. Sie sollen unter anderem die vorhandenen Registerdaten des Bundes zusammenfassen. Auch Daten der Länder sollen mit einfließen. Die gebündelten Erkenntnisse ermöglichen sowohl der Inklusionspolitik als auch Gesellschaft und Wirtschaft, ihre Maßnahmen zielgerichteter am Bedarf von Menschen mit Behinderungen auszurichten. Der nächste Bericht soll noch vor dem Sommer vorliegen.
Quellen:
Erster Zwischenbericht der Statistik Austria als PDF | 3.5.2024
Menschen mit Behinderungen in Österreich I
https://www.sozialministerium.at/dam/jcr:c11161b4-81f3-48a5-a341-48f3c7d47247/Menschen-mit-Behinderungen-in-Oesterreich-Teil-I.pdf
BMSGPK via OTS | 3.5.2024
Erstmals guter Überblick über Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240503_OTS0085
AutorIn: Alice Bauer
Zuletzt aktualisiert am: 21.05.2024
Artikel-Kategorie(n): Behindertenpolitik, News
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