Ein Kommentar zur Wehrpflichtdebatte und einem meist unbeachteten Aspekt des Zivildients. Von Thomas Stix.
In wenigen Tagen steht der Republik Österreich die erste Volksbefragung seiner Geschichte ins Haus. Das Volk soll dabei die Frage beantworten, ob es in Österreich weiterhin eine Allgemeine Wehrpflicht geben oder ob das derzeitige Bundesheer durch ein reines Profiheer ersetzt werden soll.
Es gibt jede Menge Pro- und Contra-Argumente für beide Systeme, und bei der Frage nach den Kosten gibt es unterschiedliche Berechnungsmodelle. Eine Entscheidung rein argumentativ zu treffen fällt daher schwer. Und das bei einer so schwerwiegenden Frage wie der Landesverteidigung… Oder doch nicht so „schwerwiegend“?
Es scheint nämlich in der ganzen Diskussion um die Wehrpflicht die Frage nach der Landesverteidigung streckenweise absolut in den Hintergrund zu treten und von der Frage nach der sozialen Wohlfahrt überdeckt zu werden, denn – wie wir wissen – schöpft der Gesundheits- und Sozialbereich einen nicht unwesentlichen Teil seiner Arbeitskraft aus dem Reservoir der Wehrpflichtigen, nämlich jener Männer, die keine Waffe in die Hand nehmen wollen, und sich daher für den Zivildienst entscheiden.
Klar, die Arbeitskraft der Zivildiener an sich ist eine sehr geringe, doch sind sich die Verantwortlichen im Sozialwesen einig, dass der Zivildienst für viele Männer überhaupt erst der Grund ist, einen Sozialberuf zu ergreifen oder weiterhin ehrenamtlich im Sozialbereich tätig zu sein. Es ist daher Tatsache – so ironisch das auch klingen mag: die Wehrpflicht in der derzeitigen Form gepaart mit dem Zivildienst ist ein effektives Instrumentarium zur Erhöhung der Männerquote im Sozialbereich. (Ob das gerecht ist oder nicht, ist eine andere Frage…)
Das „Soziale Jahr“, welches nach Wunsch der SPÖ den Zivildienst ersetzen soll, kann vielleicht die Arbeitskraft der Zivildiener kompensieren, aber kann es auch dazu beitragen, dass mehr Männer Sozial- und Pflegeberufe ergreifen…? Oder wird es im Sozialbereich bald heißen: „Sag mir, wo die Männer sind, wo sind sie geblieben…“
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Kommentare, News
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