Behinderte Menschen sollen selbst zu Wort kommen
Die Aktion Licht ins Dunkel, die dank großzügiger ORF-Unterstützung alljährlich Millionen an Spendengeldern sammelt, zeigt sich von einer neuen Seite. Behinderte Menschen sollen selbst zu Wort kommen. Die Politprominenz applaudiert, doch ob substanzielle Reformen folgen werden, scheint keineswegs gewiss.
Die Aktion Licht ins Dunkel (LiD) ist eine der erfolgreichsten Charity-Aktionen Europas und ist dennoch nicht unumstritten: Das im Rahmen der Aktion transportierte Bild behinderter Menschen sei antiquiert, im Zentrum stehe das Mitleid und statt struktureller Reformen beschränke man sich auf Almosenverteilung. Nun reagiert LiD auf diese Kritik und versucht mit der Initiative „Was mich behindert“ neue Pfade zu beschreiten.
„Was mich behindert“ – Selbstvertretung im Staatsfunk
Sissy Maierhofer, Leiterin der Abteilung Humanitarian Broadcasting im ORF: „Alle Menschen mit Behinderungen sind eingeladen, als Selbstvertreter ihre Anliegen zu äußern und auf die Umstände ihrer individuellen Lebenssituation aufmerksam zu machen.“ Selbst Betroffene können per Online-Formular einen Beitrag liefern. Aus den Einsendungen werden einige ausgewählt und online gestellt. Für gehörlose Menschen wird eine eigene Rubrik mit barrierefreien Videos eingerichtet.
Lob von Regierungsparteien
Franz-Joseph Huainigg, ÖVP-Behindertensprecher und jahrelanger Kritiker der Aktion LiD, lobt den Vorstoß: „Diese Aktion ist ein erster Schritt, um die langersehnte Reform der Spendenaktion ‚Licht ins Dunkel‘ ins Rollen zu bringen, eine wertvolle Weiterentwicklung ist damit angestoßen!“. Geradezu euphorisch ist die Reatkion des SPÖ-Behindertensprecherin Ulrike Königsberger-Ludwig: „Die nun gestartete mediale Plattform ‚Was mich behindert‘ von ‚Licht ins Dunkel‘ ist eine wunderbare Möglichkeit für Menschen mit Behinderungen, aus ihrer Perspektive spezielle Lebenssituationen öffentlich zu thematisieren und damit zur Sensibilisierung und Bewusstseinsbildung in der Gesellschaft beizutragen.“
Skepsis scheint berechtigt
Ob es sich bei dieser Aktion letztlich um mehr als um Imagepolitur handelt, bleibt abzuwarten. Die Privatisierung der Aufgaben des Staates hat längst auch den Behindertenbereich erfasst. Behinderte Menschen berichten immer öfter von öffentlichen Stellen, die sie an Privatinitiativen verweisen, wenn etwa spezielle technische Hilfsmittel benötigt werden. Dadurch wird der behinderte Mensch freilich zum Bittsteller degradiert. Weiters wird wohl auch dieses Jahr wieder ein schaler Nachgeschmack der Spendenmaschinerie folgen, wenn Konzernchefs zu Weihnachten in die Kamera lächelnd große Schecks für Behinderten-Charitys übergeben, in ihren eigenen Unternehmen jedoch die Beschäftigungsquote für behinderte Menschen bei weitem nicht erfüllen. Keiner Organisation soll ihre Lernfähigkeit in Abrede gestellt werden, ob LiD jedoch gerade diese Weihnachten ein Paulus-Erlebnis vorweisen kann, scheint ungewiss.
Quelle: APA, lichtinsdunkel.orf.at
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 25.05.2015
Artikel-Kategorie(n): Behindertenpolitik, News
Permalink: [Kurzlink]