Lobbyismus wird in Verbindung mit aktiver und offensiver Teilnahme an politischen Entscheidungsprozessen in Verbindung gebracht, wohingegen Forderungen von behinderten Menschen sowohl gesellschaftlich als auch politisch nur marginal wahrgenommen werden. Denn behinderte Menschen und ihre Organisationen partizipieren nur rudimentär am politischen Entscheidungsprozess. Eine Ursache wird in der Diversität der Interessen von Behindertenverbänden verortet.
Mit einem politikwissenschaftlichen Zugang werden die Entstehung und die Bedeutung des Europäischen Behindertenforums (EDF) als europäische Behindertenlobby im politischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess der EU untersucht. Das European Disabled Forum (EDF) bezeichnet sich als Lobby zu Behinderung, welche als europäischer Behindertendachverband zehn Prozent der europäischen Bevölkerung (in Summe über 50 Millionen Menschen) vertritt.
Das Politikfeld Behinderung bildet die zentrale Lobbyingmaterie des EDF. In einem Überblick wird der Begriff Behinderung und die Diskussion um die Definition einer Behinderung, die öffentliche Wahrnehmung behinderter Menschen, arbeitsmarktpolitische Überlegungen, sowie internationale Entwicklungen hin zur UNKonvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung dargestellt. Auf europäischer Ebene wurde Behinderung mit dem Vertrag von Amsterdam erstmals rechtlich erwähnt. Im Artikel 13 werden die Mitgliedstaaten verpflichtet Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. Weitere europäische Rechtsakte wie etwa die Beschäftigungsrichtlinie (2000/78) oder die Verordnung behinderter Flugpassagiere (Verordnung 1107/2006) folgten.
Die Einflussnahme des EDF beim Zustandekommen des Vertrags von Amsterdams oder der Verordnung behinderter Flugpassagiere wird exemplarisch dargestellt. Darüber hinaus wird dessen Entstehung, interne Organisationsstruktur und europäische Vernetzung abgebildet, um abschließend die Möglichkeiten und Herausforderungen des EDF als Lobby zu Behinderung zu formulieren.
Joachim Malleier
Lobbying für Behinderte
Interessenvermittlung am Beispiel des europäischen Behindertenforums in der Europäischen Union
Peter Lang Verlag, Frankfurt (2011)
Reihe Politik und Demokratie (HerausgeberInnen Helmut Kramer und Eva Kreisky)
Quelle: Peter Lang Verlag
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 17.12.2011
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