Ein Jahr lang besuchte der Berliner Fotograf Klaus Heymach elf Familien für sein Fotoprojekt „Wunschkind“. Familien, die unterschiedlicher kaum sein könnten, und doch eines gemeinsam haben: Ein Kind mit Behinderung, das von Anfang an willkommen war.
Schätzungen zufolge entscheiden sich werdende Eltern in neun von zehn Fällen gegen ein Kind mit Gendefekt oder Behinderung. „Das fand ich schon bemerkenswert. Ich fragte mich, welche Familien das sind, die sich bewusst FÜR ein Kind mit Behinderung entscheiden“, so der Fotograf Klaus Heymach im Gespräch.
Eine Idee, die zunächst aus Neugierde und Interesse entstand, entpuppte sich bald als inspirierendes Projekt, das auch Heymach selbst als bereichernd erlebte. „Ich hatte vorher keinen Kontakt mit Menschen mit Behinderung. Das zeigt auch stark, wie sehr solche Menschen eigentlich abgesondert werden, gar nicht sichtbar sind. Der Kontakt mit den Familien hat die Unsicherheit, die Fremdheit genommen. Ich gehe jetzt ganz anders auf Menschen mit Behinderung zu.“
Es braucht Willenskraft, um zu dieser Entscheidung zu stehen
Ein Jahr lang widmete sich Klaus Heymach seinem Projekt. Der Kontakt zu den Familien, die allesamt in Berlin wohnen, entstand über Vereine, soziale Medien oder über Mundpropaganda. „Die Familien waren völlig unterschiedlich, ihre Hintergründe, ihre soziale Herkunft. Was sich aber bei allen zeigte: Man braucht eine gewisse Willenskraft, Informiertheit und Bereitschaft zu dieser Entscheidung zu stehen.“ In den Gesprächen mit den Familien erfuhr Klaus Heymach, dass diese mit viel Gegenwind konfrontiert waren. Immer wieder wurden die werdenden Eltern von Ärzten und Hebammen ganz deutlich Richtung Abtreibung geführt. „Sich trotzdem für das Kind zu entscheiden, erfordert schon eine gewisse Beharrlichkeit.“

„Henriette“ | Foto: Klaus Heymach
„Als das Kind da war, war alles gut“
Die Diagnose einer Behinderung ist anfangs oft mit großer Unsicherheit verbunden. Die Geschichten der unterschiedlichen Familien machten jedoch deutlich, dass vieles einfacher wird, wenn der erste Schock überwunden ist, man sich informiert und mit anderen Familien in ähnlichen Situationen austauscht, so Heymach. „Als das Kind da war, war für die Familien alles gut. Wenn das Kind da ist, wenn man es halten kann, wird klar: Jetzt haben wir ein Kind und keine Diagnose.“
Nicht einfach, aber oft eine positive Überraschung
Besonders schwierig ist die Situation, wenn dem Kind nur eine geringe Lebenserwartung prophezeit wird. Und doch erlebten gerade Familien, die mit ungünstigen Prognosen konfrontiert waren, dass es Ihren Kindern später besser ging als erwartet. Eine Mutter erzählte, dass ihr während der Schwangerschaft gesagt wurde, dass ihr Sohn nur wenige Monate leben werde – „und nun wird er gerade eingeschult“.
„Wunschkind“ – eine Ausstellung zum Nachdenken.
Elf Familienportraits sind im Rahmen des einjährigen Fotoprojekts entstanden. Elf Portraits auf einer Größe von 60 cm x 80 cm, ergänzt von Text-Protokollen der Eltern. „Ich denke, die Bilder transportieren die Ernsthaftigkeit, auch den Stolz und das Bekenntnis der Familien“, beschreibt der Fotograf seine Gedanken zur Fotoserie. Vor allem sollen die Portraits aber zum Nachdenken anregen. Und nicht zuletzt einen Beitrag zur Sichtbarkeit der Familien, von Kindern mit Behinderung leisten.
Die Bilder waren vergangenen November in der Stadt:Bibliothek Salzburg zu sehen. Weitere Ausstellungen sind geplant.
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AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 01.12.2023
Artikel-Kategorie(n): Eugenik und Menschenwürde, News
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