Caritas und Palliativgesellschaft fordern sofortigen Ausbau und Finanzierung des Hospiz- und Palliativbereichs. „Begleitung sterbender Menschen darf nicht von Spenden abhängen!“
Österreich wird älter. Fast eineinhalb Millionen Menschen in diesem Land sind heute bereits über 65 Jahre alt. Knapp 80.000 Menschen sterben jedes Jahr. „Nicht nur das Thema Pflege ist von dieser Entwicklung betroffen, auch in den Bereichen Hospiz und Palliativmedizin stehen wir heute vor großen Herausforderungen“, betonte Caritas Präsident Michael Landau bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Herbert Watzke, Präsident der österreichischen Palliativgesellschaft, und Harald Retschitzegger, dem ärztlichen Leiter der Caritas der Erzdiözese Wien, am Dienstag.
„Klar ist: Jeder Sterbender ist ein Lebender bis zuletzt. Klar ist aber auch: In einer Zeit, in der etwa Belgien aktive Sterbehilfe bei Kindern legalisiert, trägt die Politik diesem Umstand noch viel zu wenig Rechnung“, betonte Landau. „Menschen sollen nicht durch die Hand eines Anderen, sondern an der Hand eines Anderen sterben können. Doch in Österreich werden Menschen am Ende ihres Lebens noch immer vielfach im Stich gelassen – Kinder, die von lebensbedrohlichen Krankheiten betroffen sind ebenso wie ältere Menschen. Noch immer ist die Hospiz- und Palliativversorgung – ob Zuhause, im Spital oder im Pflegewohnhaus – für längst nicht alle Menschen erreichbar, zugänglich und leistbar. Und noch immer bleibt die Politik die Erreichung jener Ziele schuldig, die sie sich vor zehn Jahren selbst gesteckt hat.“
„Anzahl der Hospizbetten muss verdoppelt werden“
Konkret kritisiert die Caritas, dass es in Österreich bis heute weder genug Palliativbetten, noch eine ausreichende Zahl an Betten im Hospizbereich gibt. Auch die Zahl der mobilen Dienste hat noch immer nicht jenes Niveau erreicht, das erforderlich wäre. „Und während es in Deutschland heute knapp 200 stationäre Hospize gibt, gibt es in Österreich lediglich zwei Hospizhäuser und sieben Hospizstationen in Pflegeheimen“, so Landau. „Die Anzahl der Hospizbetten in Österreich muss verdoppelt werden! Die Nachfrage nach einer Begleitung am Ende des Lebens übersteigt das Angebot bei weitem. Wir heilen gebrochene Arme, geben unser Bestes, um den Krebs zu besiegen, aber im Tod und im Sterben lassen wir die Menschen alleine. Das ist nichts, worauf man stolz sein kann.“
Ausbau und Finanzierung sowie Rechtsanspruch gefordert
Die Caritas und die österreichische Palliativgesellschaft fordern daher: „Einrichtungen der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung in Österreich müssen ausgebaut werden. Und klar ist auch, dass diese Angebote vollständig durch die öffentliche Hand finanziert werden müssen. Das Ping-Pong-Spiel zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungsträgern am Rücken sterbender Menschen muss ein Ende haben!“ Und so Landau weiter: „Die BürgerInnen dieses Landes sollen einen Rechtsanspruch auf Betreuung durch Hospiz- und Palliativeinrichtungen haben – verankert in einer gemeinsamen Finanzierung von Bund, Ländern und Sozialversicherungen. Wir brauchen eine gelebte Hospiz- und Palliativkultur im ganzen Land!“
Herbert Watzke, Palliativmediziner am AKH und Präsident der österreichischen Palliativgesellschaft, ergänzt: „Die aktuelle Sterbehilfe-Diskussion geht in eine völlig falsche Richtung. Neben den bereits genannten Punkten wird es zentral sein, Palliativmedizin endlich verstärkt in der Ärzteausbildung zu verankern. Wir brauchen Fachärzte, die Sterbende menschenwürdig begleiten können. Sehr wichtig wird es auch sein, die Bevölkerung weit besser über die Möglichkeiten der Patientenverfügung und der Pflegevorsorgevollmacht aufzuklären und zu informieren. Viel zu wenig Menschen wissen darüber Bescheid und das ist mit ein Grund, warum auch irrationale Ängste die Debatte begleiten.“
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Quelle: APA OTS
AutorIn: Caritas Wien
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Eugenik und Menschenwürde, News
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