SLIÖ kritisiert zu kurze Begutachtungsfrist und vermisst Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben als Alternative zum Sterbewunsch.
Die Vorgeschichte ist bekannt: ein Entscheid des VfGH im Bezug auf die Unterstützung beim Selbstmord machte eine Änderung der Bestimmungen im Strafgesetzbuch sowie weitere rechtliche Schritte erforderlich. Bisher war und ist die Hilfe zur Selbsttötung ausnahmslos verboten. Das soll sich laut Gesetzgeber mit Jänner 2022 ändern!
Es folgte eine heftige Diskussion von Befürworter:innen und Gegner:innen, in einem Dialogforum wurden intern diverse Meinungen eingeholt. Eine öffentliche Auseinandersetzung mit den Verantwortlichen gab es jedoch nicht.
Unter höchstem Druck nicht durchdachter Entwurf vorgelegt
Im aller letzten Moment wurde ein nicht wirklich durchdachter Entwurf vorgelegt, das Gesetz soll mit Jänner 2022 in Kraft treten. Hier wurde unter höchstem Druck ein nicht wirklich durchdachter Entwurf vorgelegt. Die Begutachtungsfrist bis zum 12. November ist jedenfalls viel zu kurz.
Monika Schmerold, stv. Vorsitzende von SLIÖ, sieht einen Rückschritt in der gesamten Behindertenbewegung. „Es wird davon ausgegangen, dass hier unabwendbare Leidenszustände vorliegen, denen nicht anders als mit dem Tod begegnet werden könne. Es geht nicht darum, behinderten oder kranken Menschen ein würdiges, selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.“
Durch den gesellschaftlichen und früher oder später auch ökonomischen Druck, anderen nicht zur Last zu fallen, wird die Formulierung „selbstbestimmter Entschluss zur Selbsttötung“ ad absurdum geführt.
Keine Maßnahmen zur sozialen Abklärung und Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben
Der Verfassungsgerichtshof führt selbst im Gesetzesentwurf an, „dass die freie Selbstbestimmung auch durch vielfältige soziale und ökonomische Umstände beeinflusst wird“. Der Entwurf sieht aber keine Maßnahmen oder Beratungssettings, wie z.B. Peer-Beratung (Betroffene beraten Betroffene), zur sozialen Abklärung der Möglichkeiten und Unterstützung für ein selbstbestimmtes Leben als Alternative zum Sterbewunsch vor. Dafür wird formalen Abläufen oder dem „Präparat“ im Gesetzesentwurf viel Aufmerksamkeit geschenkt. Mit der rein medizinischen Betrachtungsweise in diesem heiklen Bereich, kann kein freier und selbstbestimmter Entschluss gefasst werden.
„Selbstbestimmt Leben vor selbstbestimmt Sterben“
Bernadette Feuerstein, Vorsitzende von SLIÖ: „Eigentlich möchte ich unsere Energien dafür verwenden, endlich ein selbstbestimmtes Leben mit der nötigen Unterstützung durchzusetzen. Die aktuelle Debatte lenkt davon ab, dass Menschen mit Behinderungen noch lange nicht ihre Rechte, die auch in der UN-Konvention festgehalten sind, wahrnehmen können. Selbstbestimmt Leben vor selbstbestimmt Sterben wird auch in Zukunft unser Ziel und Motto sein!“
Quelle:
SLIÖ – Dachverband der österreichischen Selbstbestimmt-Leben-Bewegung via APA OTS | 09.11.2021
Presseaussendung vom 05.11.2021 | Sterbeverfügung – Anfang einer bedenklichen Entwicklung
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 17.11.2021
Artikel-Kategorie(n): Eugenik und Menschenwürde, News
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