Unter dem Titel „So will ich leben“ veranstaltete der Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen am 1. Dezember 2011 gemeinsam mit den Organisationen Jugend am Werk, Lebenshilfe Wien, Balance und der Wiener Sozialdienste – Förderung und Begleitung GmbH eine Tagung anlässlich „25 Jahre gemeinwesenorientiertes Wohnen für Menschen mit Behinderung in Wien“. Rund 140 Gäste, darunter eine große Anzahl an SelbstvertreterInnen und NutzerInnen, waren der Einladung gefolgt.
Zu Beginn stand ein kurzer Rückblick über die im Jahr 1986 gegründete „Arbeitsgemeinschaft Wohnplätze“. Gemeinsam mit der Stadt Wien und Trägereinrichtungen schuf die Koordinationsstelle der ARGE Wohnplätze zwischen 1986 und 2005 1.500 neue Wohnplätze für Menschen mit Behinderungen.
An dieses bedeutende Ereignis für die Behindertenpolitik in Wien und damit für die Steigerung der Lebensqualität von Menschen mit Behinderung erinnerte in ihren Eröffnungsworten die Landtagsabgeordnete Hannelore Reischl in Vertretung von Sozial-und Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely. Weiters betonte sie, dass die Stadt Wien vor dem Hintergrund des Chancengleichheitsgesetzes auch in Zukunft verstärkt auf Barrierefreiheit und Inklusion Wert legen wird.
Der Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker, betonte ebenfalls die starke soziale Tradition der Stadt Wien und die Bedeutung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung als Impulsgeber für mehr Selbstständigkeit und Selbstbestimmung. Der Fonds Soziales Wien als Fördergeber befinde sich zudem in intensiven Diskussionen mit Trägerorganisationen über die Weiterentwicklung der Angebote für Menschen mit Behinderungen.
Walter Schaffraneck, Geschäftsführer von Jugend am Werk und erster Koordinator der ARGE Wohnplätze von 1986 bis 1994, skizzierte die Aufbruchsstimmung und Innovationskraft im Jahr 1986, ehe er aktuelle Herausforderungen wie verstärkte Selbst- und Mitbestimmung sowie den Ausbau des teilbetreuten Wohnens und der persönlichen Assistenz nannte.
Im direkten Gespräch mit den SelbstvertreterInnen Sabine Franz und Gerhard Flöttl wurden zudem konkrete Forderungen erhoben, wie etwa der Ausbau der Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und bei Wohnungen, mehr Entscheidungsfreiheit für Betroffene, mehr Informationen in leichter Sprache, die Einführung eines persönlichen Budgets, mehr Fort- und Weiterbildungen und die Umsetzung von Angeboten für SeniorInnen mit Behinderung, damit sie so lange wie möglich in ihrer gewohnten Umgebung wohnen können.
Die Sicht der Wissenschaft brachte mit Prof. Klaus Dörner einer der renommiertesten Sozialpsychiater im deutschsprachigen Raum ein, der in seinem Vortrag vor allem auf das Konzept der „Sozialraumorientierung“ einging. Dieses Konzept wird bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten in Pilotprojekten erfolgreich angewandt und geht davon aus, in von Verwaltung und Politik definierten Stadtteilen oder Regionen Lebenswelten und Verhältnisse abseits von Großeinrichtungen zu schaffen, die es unter anderem auch Menschen mit Behinderung ermöglichen sollen, in größtmöglicher Selbstständigkeit und Eigenverantwortung zu leben.
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion wurde unter reger Beteiligung der SelbstvertreterInnen und NutzerInnen über die zukünftige Ausgestaltung der Wohnangebote und die notwendigen Voraussetzungen diskutiert. Unter anderem wurde auch die Forderung nach einer Integration des Konzepts der Sozialraumorientierung in die Planung zukünftiger Angebote sowie die Einbettung in die Ausbildungspläne zukünftiger MitarbeiterInnen erhoben.
Die Veranstaltung zeigte, dass der Fördergeber Fonds Soziales Wien gemeinsam mit Trägerorganisationen und Menschen mit Behinderung intensiv an neuen Modellen arbeiten wird und dass die SelbstvertreterInnen sehr konkrete Ideen zur zukünftigen Ausgestaltung der Wohnangebote haben und sich weiter aktiv in den Entwicklungsprozess einbringen werden.
Den vollständigen Vortrag von Prof. Klaus Dörner sowie Fotos von der Veranstaltung finden Sie uner folgendem Link:
Im Rahmen der Veranstaltung wurde auch der Film „So will ich leben – 25 Jahre gemeinwesenorientiertes Wohnen für Menschen mit Behinderung in Wien“ gezeigt:
Quelle: Dachverband Wiener Sozialeinrichtungen
AutorIn: Wolfgang Bamberg, Anton Schmalhofer
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Menschen mit Lernschwierigkeiten, News, Selbstbestimmtes Leben
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