Nachdem vor gut einem Monat der Entwurf des Nationalen Aktionsplans für Menschen mit Behinderung (NAP), der die konkrete Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Österreich von 2012 bis 2020 beschreiben soll, vom Sozialministerium vorgelegt wurde, ist er nun von Behindertenorganisationen und dem Klagsverband bewertet worden.
Dass nach Vorlage des Entwurfs, zu dessen Erstellung den Behindertenorganisationen nur sehr spärlich Beteiligung zugestanden wurde, keine Jubelstürme ausbrechen würden, davon konnte man schon ausgehen. Und es ist auch so gekommen: Die Stellungnahmen enthalten viel Kritik und Änderungsvorschläge. Jetzt hat das Ministerium die Chance, diese Vorschläge noch in die endgültige Version des NAP einfließen zu lassen.
Wir möchten hier einen kurzen Überblick geben. Genaueres können Sie auf den Internetseiten der jeweiligen Organisation nachlesen:
LOMB – Länderkonferenz der Ombudsstellen für Menschen mit Behinderungen
In einer Aussendung sprechen die Ombudsstellen vom „Mängeln und Lücken“, die der Aktionsplan enthält. Die Umsetzungszeiträume werden als zu lange gesehen und es würden die Messgrößen fehlen, damit Fortschritte in der Umsetzung auch entsprechend nachvollzogen werden könnten.
Vor der endgültigen Festlegung des Aktionsplanes erwarten sich die Ombudsstellen greifbare Ergebnisse im Hinblick auf die Verbindlichkeit der Vorhaben, sowie die Vereinbarung detaillierter, nachvollziehbarer und kontrollierbarer Planungsschritte.
Link: Stellungnahme LOMB zum NAP
ÖGLB – Österreichischer Gehörlosenbund
Ähnlich der LOMB kritisiert auch der ÖGLB das Fehlen von Indikatoren, um eine Evaluierung möglich zu machen. Das Prinzip der Partizipation von behinderten Menschen und der Zivilgesellschaft wird auch nicht als ausreichend gesehen.
Im Detail beinhaltet die Stellungnahme Verbesserungsvorschläge für schwerhörige und gehörlose Menschen. Breiten Raum bietet die Stellungnahme dem Bereich Bildung. Die Wichtigkeit der Förderung der Gebärdensprache vom vorschulischen Alter bis in alle anderen Bildungsstufen wird etwa hervorgehoben.
„Auf den Gesetzgeber wartet noch viel Arbeit zur Umsetzung der sprachlichen und kulturellen Rechte gehörloser Menschen in Österreich“, merkt der ÖGLB dazu auf seiner Homepage an…
Link: Stellungnahme ÖGLB zum NAP
BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben
Eine Ausführliche Stellungnahme hat dieser Tage auch BIZEPS abgegeben. Schon in den einleitenden Worten kritisiert BIZEPS das mangelnde Verständnis von Partizipation, dem dieser Entwurf zu Grunde liegt. Weiters wird die gesamtstaatliche Verpflichtung vermisst, die nicht nur den Bund sondern auch Länder und Gemeinden umfassen soll.
Die im Entwurf immer wieder verwendeten Termini wie „sollen“, „sollten“… will BIZEPS nicht sehen. Dazu: „Menschenrechte sollen nicht umgesetzt werden – sie MÜSSEN umgesetzt werden.“
Ebenfalls vermisst BIZEPS konkrete Ziele und geeignete Indikatoren, um Veränderungen auch messbar zu machen. Überhaupt sieht BIZEPS die Gefahr, dass ohne Konkretisierungen das gleiche passieren könnte wie mit dem Behindertenkonzept der Österreichischen Bundesregierung von 1992, welches auch in der Umsetzung mangelhaft geblieben ist.
Weiters wird gefordert, die Bundesländer nicht nur „einzuladen“, an der Umsetzung mitzuwirken, sondern sie zu verpflichten. Da in Österreich sehr viele Angelegenheiten im Sozialbereich von den Ländern geregelt werden erscheint dies auch unerlässlich.
BIZEPS nimmt auch im Detail zu allen Maßnahmen im Entwurf des NAP Stellung.
Link: Stellungnahme BIZEPS zum NAP
Klagsverband zur Durchsetzung der Rechte von Diskriminierungsopfern
Der Klagsverband sieht gute Ansätze im Nationalen Aktionsplan und fordert, diese konsequent umzusetzen. Problematisch sieht der Klagsverband die Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern, Gemeinden und einschlägigen Berufsgruppen. Diese sei zu wenig konkret ausgeführt. Der Klagsverband fordert eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Link: Stellungnahme Klagsverband zum NAP
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 16.06.2017
Artikel-Kategorie(n): News, Selbstbestimmtes Leben
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