Die Aktionsgruppe Persönliche Assistenz in Wien JETZT machte mit einer ungewöhnlichen Kundgebung auf die unzureichende Finanzierung von Assistenz aufmerksam: „Nicht alle Menschen sind inkontinent. Wir haben ein Recht darauf, aufs Klo zu gehen.“
Mit der Forderungen nach Verbesserungen bei der Persönlichen Assistenz protestierten am Freitag, dem 17. November 2023 Assistenznehmer:innen und Assistent:innen im Durchgang Schottentor in Wien – die Politik ist aufgefordert zu handeln. Verbesserungen sind längst überfällig!
Dabei wurden die öffentlichen Toiletten versperrt, es wurde durch kurze Reden und laute Slogans auf die herrschenden Umstände aufmerksam gemacht. Windeln wurden am Boden ausgebreitet und wer die Toiletten benutzen wollte, wurde mit einer solchen abgewiesen.
Konkret wird auf die zu niedrigen Geldleistungen der Stadt Wien für das Einstellen von Persönlicher Assistenz hingewiesen. Die „Pflegegeldergänzungsleistung für Persönliche Assistenz“, kurz PGE, wurde seit ihrem Inkrafttreten 2008 praktisch nicht an die Inflation angepasst. Wenn die Förderung auch in den Jahren 2021 und 2023 etwas erhöht wurden, so ist sie in Anbetracht der Geldentwertung in den letzten 15 Jahren insgesamt deutlich gesunken. So konnte sich eine:e PGE-Bezieher:in damals um etwa ein Viertel mehr Assistenzstunden leisten als heute.
Nichts trinken oder Windel tragen?
Durch diesen Umstand werden Menschen mit Behinderungen jeden Tag aufs Neue gezwungen, ihren Tagesablauf auf die kleinsten Schritte herunterzubrechen und genaustens durchzuplanen – Wann gehe ich aufs Klo? Kann ich am Abend noch einen Schluck Wasser trinken, oder habe ich später keine:n Assistent:in mehr? Muss ich wieder eine Windel tragen?
Durch den gängigen „Freien Dienstvertrag“ für Persönliche Assistenz wird außerdem de facto Lohndumping betrieben, so die Initiativgruppe „Persönliche Assistenz Jetzt“. Ein eigener Kollektivvertrag wird gefordert, um so zu gewährleisten, dass Assistent:innen auch fair bezahlt werden.

Foto: Lengauer, Behindertenarbeit.at
Stunden können nicht gefüllt werden
Gleichzeitig entsteht durch den beschriebenen Umstand auch ein weiteres Problem – auch die Assistent:innen selbst können, selbst wenn sie wollen, nicht mehr Stunden bei ihren Assistenznehmer:innen arbeiten, das Geld reicht nicht aus. Dadurch sind viele Assistent:innen gezwungen, sich noch einen weiteren oder überhaupt anderen Job zu suchen – und das, obwohl zweifellos genügend Stunden frei wären.
Politik ist zum Handeln aufgerufen
Schon im September diesen Jahres demonstrierte die Initiativgruppe „Persönliche Assistenz Jetzt“ im Wiener Gemeinderat für eine Erhöhung der finanziellen Mittel zum Erhalt und zum Ausbau der Persönlichen Assistenz. Damals wurden weitere Aktionen angekündigt, falls nicht rasch konkrete Maßnahmen von den Verantwortlichen beschlossen werden. Daher wurden dieses Mal auch persönliche Pakete an den Bürgermeister von Wien, Michael Ludwig, und an den Amtsführender Stadtrat für Soziales, Gesundheit und Sport, Peter Hacker, geschickt – neben einem beigelegten Brief und allgemeinen Forderungen findet sich darin auch eine Windel.
So wurde also auch dieses Mal wieder auf die prekären Umstände, in denen Menschen mit Behinderungen jeden Tag leben müssen, hingewiesen. Es braucht eine überzeugende Haltung zur UN-Behindertenrechtskonvention, sowie ein aufrichtiges Interesse für das Wohlergehen aller. Auch im Hinblick auf die UN-Staatenprüfung im Sommer muss endlich Geld in die Hand genommen werden, um die Problematiken, die teilweise stagnieren, teilweise anwachsen, in Angriff zu nehmen.
Konkret wird eine bedarfsgerechte Bewilligung Persönlicher Assistenz, eine ausreichende Erhöhung der „Pflegegeldergänzungsleistung für Persönliche Assistenz“ im Sinne der Inflation und der Inklusion, ein gerechter Kollektivvertrag für Persönliche Assistent:innen, sowie eine allgemeine Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gefordert.
Initiativgruppe „Persönliche Assistenz Jetzt“:
Kontakt: persoenlicheAssistenzJetzt@gmail.com
Instagram: @persoenlicheassistenzjetzt
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 19.11.2023
Artikel-Kategorie(n): News, Persönliche Assistenz
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