Nach der Studienpräsentation zu „Lohn statt Taschengeld“ Ende des vergangenen Jahres folgen nun erste Schritte der Regierung. Für Minister Rauch bleibt die Umsetzung jedoch ein „langfristiges Ziel“.
Rund 36 Millionen Euro stellt der Bund zur Verfügung, um Projekte zu finanzieren, welche Menschen mit Behinderungen beim Übergang in den regulären Arbeitsmarkt unterstützen. Weitere 18 Millionen Euro sollen zusätzlich von den Ländern beigesteuert werden. Der Beschluss ist ein wichtiger Schritt hin zu einem inklusiven Arbeitsmarkt und zu fairer Entlohnung für Menschen mit Behinderungen. Allerdings auch eine Maßnahme, welche die Forderung nach „Lohn statt Taschengeld“ in Tagesstrukturen vorerst ausgeklammert. Und einige Fragen offen lässt.
Fokus liegt auf Zugang zu regulärem Arbeitsmarkt
Von einem „Meilenstein“ spricht die Lebenshilfe. Auch Martin Ladstätter, Vizepräsident des Österreichische Behindertenrats begrüßt den Beschluss als „Startschuss für eine wichtige Veränderung“.
Die Initiative versteht sich als Antwort auf die langjährige Forderung nach gerechter Entlohnung für Beschäftigte in Tagesstrukturen, wie auch Bundesminister Johannes Rauch bei der Präsentation Mitte März betonte. „Lohn statt Taschengeld“ darf jedoch keine leere Ankündigung bleiben, mahnt NEOS-Sprecherin Fiona Fiedler. Tatsächlich findet sich im aktuellen Beschluss keine Neuerung zum aktuellen Lohnsystem in Tagesstrukturen und Werkstätten. Rauch verweist in dem Zusammenhang jedoch auf laufende Gespräche mit den Ländern.
Förderungen für neue und bestehende Einzelprojekte
Anders als beim bisherigen Pilotprojekt in Kärnten, an welchem unterschiedliche Trägerorganisationen beteiligt sind, zielt die beschlossene Initiative nun auf Projekte und Ideen, welche von einzelnen Organisationen und Betrieben umgesetzt werden. Gefördert werden neue und bestehende Pilotprojekte in ganz Österreich.
Konkret werden inklusive Arbeitsmodelle unterstützt, also reguläre Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen in Unternehmen, sowie integrative Arbeitsmodelle, wo Menschen mit Behinderungen zwar in Einrichtungen betreut werden, aber am regulären Arbeitsmarkt tätig sind. Auch sogenannte Werkstätten*plus werden mit der Initiative gefördert. Hierbei sind Menschen mit Behinderungen im Rahmen von Arbeits- und Ausbildungsverträgen ihrer Einrichtung tätig und erhalten dafür ein Entgelt und sozialversicherungsrechtliche Absicherung.
Neue Form der Begleitung und Ressourcen nötig
Der Übergang von einer Tagesstruktur zum ersten Arbeitsmarkt ist für viele Menschen mit Behinderungen ein großer Schritt, der gut begleitet werden muss. Der Regierungsbeschluss erfordert nun auch ein Umdenken und neue Ideen von Trägerorganisationen: Welche Rolle haben Tagesstrukturen beim Übergang in den ersten Arbeitsmarkt? Welche Form der Begleitung und welche Ressourcen sind nötig, um Menschen mit Behinderungen auf diesem Weg bestmöglich zu unterstützen? Nicht zuletzt stellt sich die Frage, wer die zusätzlichen Betreuungsaufgaben übernehmen soll. Eine Frage, die angesichts des vorherrschenden Fachkräftemangels wohl noch weiterer Diskussionen bedarf.
Lohn statt Taschengeld Aufgabe der nächsten Regierung
Wann und ob es zu einer Systemumstellung in Tagesstrukturen und damit zu Lohn statt Taschengeld für Menschen mit Behinderungen kommt, bleibt vorerst abzuwarten. „Die Materie ist hoch komplex, noch sind viele Fragen offen.“, weiß auch Philippe Narwal, Generalsekretär der Lebenshilfe Österreich. Tatsache ist, die Umsetzung von Lohn statt Taschengeld in betreuten Werkstätten ist „nicht ganz einfach“, aber laut Bundesminister Rauch das „langfristige Ziel“ der Regierung. Weitere Schritte sind wohl erst von der nächsten Regierung zu erwarten, die bekanntlich im Herbst 2024 gewählt wird.
Quellen
BMSGPK via OTS | 13.03.2024
Lohn statt Taschengeld: 36 Millionen Euro für inklusive Beschäftigung
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240313_OTS0095
Lebenshilfe via OTS | 13.03.2024
Lebenshilfe Österreich begrüßt heutigen Ministerratsbeschluss als wichtigen Schritt in Richtung „Lohn statt Taschengeld“
https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240313_OTS0105
ORF.at | 13.03.2024
Beschäftigung mit Behinderung: 54 Millionen Euro zusätzlich
https://orf.at/stories/3351468/
AutorIn: Alice Bauer
Zuletzt aktualisiert am: 26.03.2024
Artikel-Kategorie(n): Gleichstellung und Antidiskriminierung, News, UN Behindertenrechtskonvention
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