PA ist harte Arbeit für AssistentInnen aber auch AssistenznehmerInnen. Ist PA daher die Lösung für alle behinderten Menschen oder ist vielmehr ein umfassenderes Konzept notwendig um niemanden von der Möglichkeit, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, auszugrenzen?
Leben mit Persönlicher Assistenz (PA) stellt hohe Anforderungen an die AssistentInnen – aber genauso an die behinderten AssistenznehmerInnen. Jede Menge an Kompetenzen ist da gefragt. Ich als Behinderter bin bei der PA – direkt oder indirekt – Arbeitgeber, Unternehmer. Und in dieser Rolle trage ich eine große Verantwortung. Letztendlich muss ich das verantworten, was mein Assistent tut, ja, ich kann ihn in letzter Konsequenz rausschmeißen, aber was er getan hat, das bleibt trotzdem – außer es wurde grob fahrlässig gehandelt – mein Problem. Der/die ArbeitgeberIn hat das zu verantworten was sein/e ArbeitnehmerIn tut.
Leben mit Persönlicher Assistenz bedeutet viel Verantwortung
Ich sage das hier deswegen mal, um ein vielleicht falsches, irgendwie romantisches Bild von PA aus der Welt zu schaffen (oder es gar nicht entstehen zu lassen). PA ist für uns Behinderte nicht diese schöne, tolle Sache, bei der wir von spritzigen, jungen, dynamischen, kumpelhaften Menschen umsorgt und bedient werden genauso wie wir das wollen…, denn so läuft das nicht. Es ist vielmehr ein ständiges Auseinandersetzen mit einer ChefInnen-MitarbeiterInnen-Beziehung. Da dauert es schon mal ein halbes Jahr, bis ich sagen kann, dass ich mit einem Assistenten etwas anfangen kann; ein halbes Jahr – gegenseitige – Geduld, bis alle Handgriffe eingelernt sind. Aber auch nach einem halben Jahr oder später, nach Jahren, passiert es, dass – aus Vergesslichkeit, Unachtsamkeit oder was auch immer – etwas wieder nicht so gemacht wird, wie ich das haben möchte. Und dann heißt es wieder: erklären. Und das bei nicht einem Assistenten sondern bei mehreren.
Eine weitere Pflicht, die der/die UnternehmerIn zu erfüllen hat, ist der allmonatliche Papierkram, die Kosten- bzw. Stundenabrechnungen, die Erstellung der Dienstpläne, das „Krisenmanagement“ bei Ausfall eines Assistenten z.B. wegen Krankheit,… das alles erfordert viel Sorgfalt und Planung. Leben mit PA ist hart erarbeitetes selbstbestimmtes Leben, unternehmerisch gestaltetes selbstbestimmtes Leben – und diese harte Arbeit ist eine, die sich für uns Behinderte jedenfalls lohnt!
Unterschiedliche Behinderungen verlangen nach unterschiedlichen Lösungsansätzen
Ich schreib da so salopp: „für uns Behinderte“… Da muss ich aufpassen! Wir Behinderten haben eines gemeinsam: Wir werden von der Gesellschaft daran gehindert, selbstbestimmt an ebendieser Gesellschaft teil zu haben. Wenn wir jedoch überlegen, wie wir diese Behinderungen beseitigen können, so stellen wir fest, dass es dazu vieler unterschiedlicher Maßnahmen bedarf. PA ist eine dieser Möglichkeiten, behinderten Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. PA ist aber sicher nicht die Lösung aller Probleme, denn nicht jede/r Behinderte kann oder will mit PA bzw. nur mit PA leben. Deshalb ist es an der Zeit, einen Schritt weiter zu denken: Das Persönliche Budget.
Persönliches Budget als umfassendes Konzept für ein selbstbestimmtes Leben
Das Persönliche Budget (PB) ist nicht ein Konzept, das die PA ersetzt, sondern eines, welches die PA als ein Teilkonzept beinhaltet. Die Philosophie beim PB ist es, zuerst die Ziele der/des behinderten Menschen nach seinen/ihren Vorstellungen festzustellen, und sich danach zu überlegen, welches Budget dafür notwendig ist. Ob Heimhilfe, soziale Dienste, Hilfsmittel, Arbeitsassistenz oder auch Persönliche Assistenz, je nach Bedarf kann der/die Behinderte sich die Unterstützung einkaufen, die er/sie zur Umsetzung seiner/ihrer Ziele zur Erlangung eines selbstbestimmten Lebens braucht.
Das PB schließt somit nicht behinderte Menschen aus, die mit PA alleine nicht zurecht kommen. Wo PA nicht die passende Form von Unterstützung ist, können andere Dienste oftmals bessere Arbeit leisten. Oder es kann auch sein, dass zeitweise PA passend, aber auch Hilfe zur Organisation des Alltags notwendig ist. PA ist für derartige Organisationshilfen nicht geeignet, diese können etwa von BehindertenpädagogInnen geleistet werden.
Einige Länder, wie etwa die Niederlande, gehen bereits diesen Weg. In Deutschland läuft ein Modellprojekt Persönliches Budget. Wenn alle behinderten Menschen gleichermaßen die Chance auf ein Leben-wie-alle-anderen haben sollten, dann ist das umfassende Konzept des Persönlichen Budgets der richtige Weg.
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 24.05.2015
Artikel-Kategorie(n): News, Persönliche Assistenz
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