Die zwischen Bund und Ländern vereinbarte Einrichtung eines Pflegefonds und die Bündelung der Zuständigkeiten für die Gewährung und Auszahlung von Pflegegeld haben die erste parlamentarische Hürde genommen.
Der Sozialausschuss stimmte mit der Mehrheit der Koalitionsparteien zwei entsprechenden Gesetzentwürfen der Regierung zu und machte damit den Weg für eine Beschlussfassung im Nationalrat vor der parlamentarischen Sommerpause frei. Allerdings ist für das Pflegegeldreformgesetz eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, die angesichts der heute von der Opposition im Ausschuss geäußerten Einwände fraglich ist.
FPÖ und Grüne stoßen sich vor allem daran, dass die vorgesehene Übertragung der Pflegegeldkompetenzen von den Ländern an den Bund bis Ende 2014 befristet ist und eine Verlängerung der Bestimmungen durch ein einziges Bundesland blockiert werden kann. Auch dem BZÖ geht die Kompetenzbündelung zu wenig weit. Außerdem ist die Opposition unzufrieden, dass der Pflegefonds lediglich als „Überbrückungshilfe“ bis zum Jahr 2014 konzipiert ist und keine Dauerlösung für die Pflegefinanzierung gefunden wurde.
Wie Sozialminister Rudolf Hundstorfer hervorhob, ist durch den Pflegefonds die Finanzierung der Pflege bis zum Ende der laufenden Finanzausgleichsperiode sichergestellt. Eine Gesamtlösung, die ab 2015 gilt, will er bis Ende 2012 erreichen.
Mit der Einrichtung eines Pflegefonds beim Sozialministerium durch ein Pflegefondsgesetz wollen Bund und Länder die bestehenden Pflegeleistungen in den nächsten Jahren absichern und gleichzeitig einen bedarfsgerechten Ausbau des Pflegedienstleistungsangebots forcieren. Der Fonds wird bereits im laufenden Jahr mit 100 Mio. € dotiert, im Jahr 2012 steigt der Betrag auf 150 Mio. €, im Jahr 2013 auf 200 Mio. € und im Jahr 2014 auf 235 Mio. €. Insgesamt sind Mittel in der Höhe von 685 Mio. € vorgesehen, die zu zwei Drittel vom Bund und zu einem Drittel von den anderen beiden Gebietskörperschaften aufgebracht werden.
Das Geld ist für eine bessere Versorgung pflegebedürftiger Menschen und ihrer Angehörigen sowie den Aus- und Aufbau des Betreuungs- und Pflegedienstleistungsangebots zweckgebunden. Dabei sollen die Mittel vorrangig für mobile Betreuungs- und Pflegedienste, Tagesbetreuungsangebote, Kurzzeitpflege, „Case- und Caremanagement“ sowie alternative Wohnformen verwendet werden. Erst in zweiter Linie ist auch die Finanzierung von stationärer Betreuung möglich. Eine von der Statistik Österreich einzurichtende Datenbank soll einen genauen Überblick über die in Österreich gewährten Pflegeleistungen ermöglichen. Zudem will man mit einheitlichen und transparenten Leistungskriterien eine bundesweite Harmonisierung der Betreuungs- und Pflegedienstleistungen erreichen.
Die Bündelung der Zuständigkeiten bei der Gewährung und Auszahlung von Pflegegeld wird durch ein eigenes Pflegegeldreformgesetz verankert, in dessen Rahmen auch die Bundesverfassung geändert werden soll. Geplant ist, sowohl die Gesetzgebung als auch die Vollziehung im Pflegegeldbereich mit 1. Jänner 2012 zur Gänze an den Bund zu übertragen. Künftig sollen nur noch acht Sozialversicherungsträger – statt bisher mehr als 280 Landes- und 23 Bundesstellen – für Pflegegeldangelegenheiten zuständig sein. Damit greift die Koalition nicht zuletzt auch Empfehlungen des Rechnungshofs auf. Durch die einfacheren und effizienteren Strukturen werden außerdem raschere Pflegegeldverfahren erwartet.
Größter Entscheidungsträger ist künftig, wie bereits bisher, die Pensionsversicherungsanstalt. Sie wird dem Gesetzentwurf zufolge auch für einen Großteil der bisherigen BezieherInnen von Landespflegegeld zuständig sein. Die Landespflegegeldgesetze sollen aufgehoben werden.
Was die bevorstehenden Verhandlungen mit den Ländern über eine Gesamtlösung der Pflegefinanzierung ab dem Jahr 2015 betrifft, sprach sich Abgeordneter Huainigg dafür aus, auch die persönliche Assistenz, die behinderten Menschen ein selbstbestimmtes Leben ermögliche, in die Gespräche mit einzubeziehen.
Sozialminister Rudolf Hundstorfer skizzierte, derzeit würden 442.000 Personen Bundes- bzw. Landespflegegeld beziehen. 16 % der Betroffenen werden stationär betreut, weitere 24 % nehmen mobile Dienste in Anspruch. Insgesamt 8.800 Personen haben das Modell der 24-Stunden-Betreuung gewählt. 58 % der PflegegeldbezieherInnen würden allerdings, so Hundstorfer, keinerlei fremde Leistung zukaufen. Ein Problem sieht Hundstorfer in Hinblick auf die unterschiedlichen Pflegeleistungen in den einzelnen Bundesländern: So ist ihm zufolge etwa die Fahrzeit für die Heimhilfe in manchen Ländern in der Pflegestunde inkludiert, in anderen nicht.
Quelle: APA
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 04.06.2015
Artikel-Kategorie(n): Behindertenpolitik, News, Pflegegeld und Pflegevorsorge
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