Heute ist der 5. Mai, das ist der Europäische Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung. Von Protest ist wenig zu sehen. Manche wollen auch gar nichts mehr von einem Protesttag wissen, und nennt diesen Tag verniedlichend „Tag der Inklusion“. Ein Kommentar von Thomas Stix.
Um die Behindertenpolitik in unserem Land steht es schlecht. Stillstand ist die Regel. Ein Beispiel: Persönliche Assistenz. Da geht weder im Bund noch auf Länderebene etwas weiter. Im Jahr 2008 etwa wurde die PA-Regelung in Wien als Meilenstein gefeiert. Zurecht war diese Regelung ein echter Fortschritt. In den vergangenen 8 Jahren wurde aber in diese Richtung von der Stadt Wien nichts mehr getan, im Gegenteil, das PA-System wird regelrecht ausgehungert; die Förderung wurde seit dem Bestehen kein einziges Mal valorisiert, durch den Geldwertverlust wird die Förderung Jahr für Jahr scheibchenweise reduziert.
Am 11. April 2016 haben Pepo Meia (BMIN) und Mag.a Bernadette Feuerstein (SLI Österreich) ein Interview mit dem Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, Peter Hacker, geführt. Man kann dabei sehr klar die Abneigung Peter Hackers gegenüber der Persönlichen Assistenz wahrnehmen. Er weicht der Frage, warum diese nicht valorisiert wird, immer wieder aus, und – das ist der noch größere Skandal – er schließt eine Persönliche Assistenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten kategorisch aus. Was hat das mit einer lebendigen UN-Behindertenkonvention zu tun? Es deutet eher darauf hin, dass die Stadt Wien an völlig veralteten Vorstellungen vom Leben behinderter Menschen festhält.
Bei BIZEPS gibt es jetzt Protestaufkleber („I hätt’ gern einkauft!“) zu bestellen. Diese können an Geschäften und Lokaleingängen angebracht werden, die nicht barrierefrei sind. Schöne Idee, aber Achtung: Diese „Aufkleber“ sind nur „Post-Its“, die leicht wieder entfernbar sind und keinerlei Rückstände hinterlassen. Mein persönlicher Tipp dazu: Nehmen Sie sich, wenn Sie diese „Aufkleber“ wo anbringen wollen, auch eine Tube Superkleber mit und kleben Sie die Dinger ordentlich fest. Warum soll unser Protest für die Betriebe, die uns diskriminieren, nicht unangenehm und schwierig zu entfernen sein? Ist die Diskriminierung für uns etwa angenehm?!
Die Behindertenbewegung muss wieder lernen, Phantasie zu haben, sich etwas zuzutrauen und zu protestieren, sich zu bewegen. Ansonsten wird auch die Behindertenpolitik weiterhin im Nichtstun verharren.
Thomas Stix
Das Interview mit Peter Hacker kann im Cultural Broadcasting Archive (CBA) des Verbands Freier Radios Österreich nachgehört werden:
https://cba.fro.at/313317
AutorIn: Thomas Stix
Zuletzt aktualisiert am: 18.06.2017
Artikel-Kategorie(n): Gleichstellung und Antidiskriminierung, Kommentare, News
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