Die Tagung „Gewalt in Pflege- und Betreuungseinrichtungen“ in Salzburg am 15.06.2016, bei der u.a. die Volksanwaltschaft und das VertretungsNetz mitgewirkt haben, hat viel Aufsehen erregt. Ein Kommentar von Thomas Stix.
Die Volksanwaltschaft spricht eindeutig davon, dass strukturelle Gewalt in Betreuungseinrichtungen an der Tagesordnung ist. Bei den unangemeldeten Visiten, die von der Volksanwaltschaft durchgeführt werden, wird nun das dokumentiert, was viele ohnehin schon seit langem wissen: in Einrichtungen wird an Bewohnerinnen und Bewohnern Gewalt ausgeübt; diese Gewalt entsteht meistens dadurch, dass wegen starrer Strukturen nicht auf die individuellen Bedürfnisse und Eigenheiten der einzelnen BewohnerInnen Rücksicht genommen wird oder werden kann. Gegen die starren Strukturen sind die BewohnerInnen – und vor allem jene, die besonders viel Hilfestellung brauchen – absolut machtlos, und selbst die MitarbeiterInnen können dagegen meist wenig tun.
Im Endeffekt liegt die Grundursache der Gewalt in der Entmachtung jener Menschen, die Hilfe und Unterstützung, Pflege und Assistenz benötigen.
Die Volksanwaltschaft kann mit den Besuchskommissionen die vorhandenen Missstände aufdecken und dokumentieren. Nachhaltig ändern wird sich dadurch freilich wenig. Hier ist die Politik gefordert, die Strukturen zu verändern. Die Macht muss (wieder zurück) zu den Behinderten und Betagten. Große Einrichtungen sind der ideale Nährboden für ein Wachsen von Gewaltstrukturen. Daher ist es notwendig, die Versorgung in Einrichtungen zu beenden und auf Mobile und Dezentrale Betreuung und Unterstützung umzustellen. Dabei muss es für den/die Einzelne/n möglich sein, sich die Form der Unterstützung und den Dienstleister selbstbestimmt auszuwählen.
Die Selbstbestimmt Leben Bewegung hat dazu das System der „Persönlichen Assistenz“ entwickelt, welches ein Maximum an Freiheit und Selbstbestimmung ermöglicht und ein Höchstmaß an Eigenverantwortung einfordert. Freilich kann dieses System nicht auf alle Hilfe- und Betreuungssituationen angewendet werden, es können aber Teile davon übernommen werden, wenn es darum gehen soll, den Menschen, die Betreuung und Unterstützung brauchen, Macht zurück zu geben und somit Gewalt zu vermeiden.
Thomas Stix
AutorIn: Redaktion
Zuletzt aktualisiert am: 29.06.2016
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